Einmal oder – je nach Anzahl der Kinder – gleich mehrmals im Jahr, steht er für alle Eltern an, der Tag der Tage, das Großevent, auf das inbrünstig hingefiebert wird, das Ereignis, das organisatorisch wieder einmal Ostern und Weihnachten zusammen in den Schatten stellt und nicht selten sämtliche Nerven kostet, die man sich mühsam in den Monaten zuvor aufgebaut hat: Der Kindergeburtstag.

Schon Wochen im Voraus sichtet man also entzückende Deko-Inspirationen auf Pinterest und Instagram (natürlich mit einheitlichem Farbkonzept!), man sammelt Rezepte für gesunde aber raffinierte Snacks und eine selbstgemachte Torte, die jeden Konditormeister erblassen lässt, und man plant außergewöhnliche Spiele und Aktivitäten, nur um den Knirpsen einen unvergesslichen Tag mit ordentlich Programm zu bieten. In Gedanken fällt das Geburtstagskind dann abends glückselig und hundemüde frühzeitig ins Bett, so dass man noch in aller Ruhe bei einer Tasse Tee eine Collage aus den schönsten Bildern des Tages basteln und als Andenken an die Eltern der geladenen Kinder versenden kann.

Oft läuft dann aber doch alles ganz anders als gedacht, zumindest bei uns. Zum Beispiel öffnet man den Gästen hyperventilierend die Tür, weil man gerade innerhalb von zwei Minuten noch zehn Luftballons aufgeblasen und nebenbei den Tisch gedeckt hat. Statt eines ausgeklügelten Bespaßungsprogramms gibt´s Topfschlagen und Dosenwerfen und einen mit Fertigglasur und ein paar Smarties aufgemotzten Marmorkuchen „vom Doktor“. Die Fotos sind fast alle verwackelt und irgendeiner bohrt immer in der Nase. Ach, und das Kind hüpft natürlich um Mitternacht vor Aufregung immer noch herum.

Nach mittlerweile doch so einigen Kindergeburtstagen weiß ich, dass eine gute Vorbereitung zwar nicht schadet, aber Vorbereitung geht eben auch entspannt. Man muss das Rad nicht immer neu erfinden. Man darf tricksen, man darf sich helfen lassen und man darf vor allem selbst auch etwas vom Geburtstag des Kindes haben. Ob fulminanter Superevent oder spontane Mini-Party mit einfachen Mitteln, Kinder sind in erster Linie glücklich, wenn ihre Freundinnen und Freunde da sind und sie gemeinsam ausgelassen feiern dürfen. Da ist das Drumherum tatsächlich meistens nebensächlich.

Neulich waren wir übrigens auf einem Kindergeburtstag mit dem Motto „Bibi und Tina“ geladen. Offenbar hatte man die Rechnung aber ohne den achtjährigen Bruder des vierjährigen Geburtstagskinds gemacht. Der zog schlagartig alle kleinen Gäste in seinen Bann, indem er sich kurzerhand selbst zum Kapitän ernannte, und die ganzen Bibis und Tinas zur Piratenmeute deklarierte. Weil keines der Kinder als Landratte verschrien sein wollte, rannte bald eine Horde kleine Piraten kreischend von Zimmer zu Zimmer, Strohhalme als Säbel in den Händen, Pappbecher als Piratenhüte auf den Köpfchen. Mit dem ursprünglichen und wirklich sehr liebevoll geplanten Geburtstagskonzept zerfiel dann auch das Lächeln der Eltern, wohl auch angesichts der Schneise der Verwüstung, die die Meute unter der Fuchtel des Kapitäns hinterließ. Als kleinen Bonus gab der ältere Bruder noch sein gesamtes Schimpf- und Fäkalwortrepertoire zum Besten. War es normalerweise schon der Brüller, beim Geburtstagsständchen „Happy Birthday to you, Marmelade im Schuh“ zu singen, grölten beim Abholen sieben Drei- bis Fünfjährige im Chor „Happy Birthday to you, Piratenkacke im Schuh“ oder „Heute kann es regnen, stürmen oder schneien, denn du furzt ja selber in die Hose rein“, während den Eltern des Geburtstagskinds und des Piratenanführers deutlich anzusehen war, dass sie an diesem Abend nur noch ein Ziel hatten: Mit einem großen Glas Wein in völliger Stille aufs Sofa zu sinken.

Autorin Christina Pfister

Die gebürtige Freiburgerin lebt mittlerweile am Fuße des Odenwalds und liebt Pferde, Kunst, Literatur, den Wald, Kochen und Esskultur. Seit 2009 führt sie auf ihrem Foodblog
www.newkitchontheblog.de ein kulinarisches Küchentagebuch:

Die Mutter von zwei Töchtern schreibt über Alltägliches und Besonderes und würzt ihre warmherzigen Beobachtungen mit köstlichen Rezept-Ideen und kunstvollen Fotos. Die Autorin ist mit ihrem unterhaltsamen Blog auch hier im
fratz zu lesen.