Viele Jungs und männlich gelesene Kinder wachsen damit auf, dass ihnen Verhaltensweisen, Fähigkeiten und Charakterzüge zugeschrieben werden, die ihnen vielleicht gar nicht entsprechen. Manchen bereitet es spätestens im Teenager-Alter Druck, zum Beispiel männlich definierten Schönheitsidealen entsprechen zu wollen.

Es gibt Interessen und Verhaltensweisen, die als unmännlich gelten

Viele der Bilder, die wir von Männlichkeit haben, sind unterbewusst und historisch so gewachsen. Sie sind so wirkungsvoll, weil wir ihnen nicht glauben, dass sie mächtig sind.
Manche Bilder von Männlichkeit werden vielversprechend vermarktet: Sie bringen Geld, wenn alle ihnen nacheifern.
Spielzeug, Kleidung, Lebensmittel, Bücher, Filme, auch Unerwartetes wird den Geschlechtern Mann und Frau zugeschrieben. Produkte zu konsumieren, die als weiblich markiert sind, gilt als unmännlich. Denn Symbole von Weiblichkeit werden auch dazu verwendet, um Männer abzuwerten.
Wir sehen in den Medien Helden, Piraten, Ritter, Krieger, Mechatroniker, Erfinder, Künstler, Musiker, Polizisten, Feuerwehrmänner …
Selten sehen wir ihre Darstellung mit Behinderung (wenn sie eine haben, wird diese durch Technologie oder Superkräfte umdefiniert). Selten sehen wir Schwarze oder Schauspieler of Color in diesen Rollen, ohne dass es einen tragischen oder komischen Kontext gibt. Selten lieben sie Männer. Selten sind sie trans. Selten bitten sie um Hilfe oder entschuldigen sich, sind sanftmütig, zärtlich, mitfühlend oder verletzlich.

Seid doch lieber, wie ihr euch wohl fühlt!

Der Umgang mit Kleidung, Körperpflege, Hygiene und psychischer Gesundheit wird durch die Zuweisung nach Geschlecht klar eingeschränkt. Es gibt Beispiele von Männern, die sich davon nicht beeindrucken lassen und dafür gefeiert werden. Dennoch braucht es viel Widerstandskraft, Selbstbewusstsein und Unterstützung aus dem Umfeld, weil sie ebenso viel Hass erleben. Solange das Konzept von Männlichkeit hart und unflexibel ist, solange bleibt es auch zerbrechlich.

Wir wünschen uns, dass Jungs sie selbst sein dürfen und dass ihre älteren Bezugspersonen sie dabei unterstützen. Wenn wir alle mitmachen, dann muss niemand Angst davor haben, als „anders“ zu gelten. Das gilt nicht nur für Jungs, sondern genauso für die älteren Bezugspersonen, die sich selbst als männlich definieren.

„Jungs sind halt so…“

Es wird Zeit, dass wir uns von dem einen, vorherrschenden Konzept von Männlichkeit verabschieden und erkennen, dass es uns allen mehr schadet, als nützt:
Es hält Männer davon ab, sich offen mit ihren eigenen Gefühlen und den Gefühlen anderer zu beschäftigen. Es sorgt dafür, dass Männer im Alltag keine Fürsorge-Arbeit leisten. Es sorgt dafür, dass Männer sich nicht um ihre körperliche und geistige Gesundheit kümmern. Es führt dazu, dass sie das Gefühl haben, immer stärker sein zu müssen und andere erniedrigen, um dieses Gefühl zu erhalten. Es bringt Männer in Lebensgefahr, nur weil sie nicht als feige gelten wollen. Es macht sie zu Tätern, weil sie keine Opfer sein wollen.
Es sorgt dafür, dass wir sehr früh unseren Töchtern beibringen, ihre Lebensweise einzuschränken, um sich vor Gewalt zu schützen. Angst vor männlicher Gewalt gilt ebenso für Geschlechteridentitäten, die sich nicht dem männlichen oder weiblichen Spektrum zuordnen lassen oder lassen wollen.

Es ist ein Schritt der Befreiung, von einer Vielfalt an Männlichkeiten auszugehen

Es ist wunderbar, dass inzwischen immer mehr Menschen sich trauen, mit den einschränkenden Bildern von Männlichkeit zu brechen, die zu oft an Macht, Aggression und Einsamkeit geknüpft sind. Zum Beispiel, indem sie offen darüber sprechen, wie es ihnen mit unerreichbaren Vorstellungen von Männlichkeit geht.
Indem Jungs gemeinsam reflektieren, welche Verhaltensmuster toxisch – also giftig bzw. schädlich – für sie selbst und andere sind, können sie einen liebevollen, wertschätzenden Umgang mit Männlichkeiten entwickeln. Fehler machen und zugeben, Diskutieren und Konsens finden, gehört zu dieser Entwicklung dazu.
Immerhin leben wir alle gemeinsam in dieser Gesellschaft und sind in unaufhörlicher Interaktion miteinander. Wir wollen geliebt und wertgeschätzt werden, wir wollen Respekt und Anerkennung. Unsere Kinder zeigen uns den Weg dorthin, wenn wir ihnen vertrauen und sie unterstützen.

Buch-Tipps

Sei kein Mann – Warum Männlichkeit ein Albtraum für Jungs ist, von JJ Bola, hanserblau Verlag

Link: https://www.hanser-literaturverlage.de/buch/sei-kein-mann/978-3-446-26798-5/

Ein Junge wie Du, von Frank Murphy, Zuckersüß Verlag

Link: https://www.zuckersuessverlag.de/products/ein-junge-wie-du

Prinzessinnenjungs – Wie wir unsere Söhne aus der Geschlechterfalle befreien, von Nils Pickert, BELTZ Verlag

Link: https://www.beltz.de/produkt_produktdetails/42813-prinzessinnenjungs.html?fbclid=IwAR1kzr8aPIT8PJXSeqChavrxEE2ATJPenIOXWbrVU87YJT7ohUL45o3ayvg

Männer weinen, von Jonty Howley, Zuckersüß Verlag

Link: https://diversity-is-us.de/shop/maenner-weinen-kinderbuch/

Die Rosa-Hellblau-Falle. Für eine Kindheit ohne Rollenklischees, von Schnerring, Almut; Verlan, Sascha, Verlag Antje Kunstmann

Link: https://www.kunstmann.de/buch/almut_schnerring-die_rosa-hellblau-falle-9783888979385/t-9/

Sei ein ganzer Kerl, von Jessica Sanders, Zuckersüß Verlag

Link: https://www.zuckersuessverlag.de/products/sei-ein-ganzer-kerl

Boys don’t cry, von Jack Urwin, Edition Nautilus Verlag

Link: https://edition-nautilus.de/programm/boys-dont-cry/

AdiNet Südhessen

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