Es steckt jede Menge Potenzial in Müttern und Vätern, die nach Familienzeiten in ihren Job zurückkehren möchten! Das erkennen auch immer mehr Arbeitgeber, insbesondere dann, wenn sie auf der Suche nach Fachkräften sind.
Frauen mit Familie können oder möchten nicht dauerhaft auf die Ausübung ihres Berufes verzichten. Dieser Trend nimmt seit Jahrzehnten zu. Im Gegensatz zu den 1960er Jahren sind berufstätige Mütter heutzutage eine Selbstverständlichkeit in unserer Gesellschaft. Arbeit nimmt für sie – genauso wie bei den Männern – einen hohen Stellenwert ein. Auch das Ausbildungs- und Qualifizierungsniveau von Frauen steigt stetig. Wer eine Familienzeit nutzt und erst nach längerer Pause wieder in den Beruf zurückkehren möchte, hat trotzdem gute Chancen: Nach einer repräsentativen Kundenbefragung der Bundesagentur für Arbeit zeichnen sich Berufsrückkehrende durch eine gute Qualifikation, hohe Motivation, Organisationstalent und soziale Kompetenzen aus. Faktoren, die auf dem Arbeitsmarkt absolut gefragt sind.
Innovative Arbeitszeitmodelle
Flexible Arbeitszeiten werden heutzutage immer wichtiger, und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nimmt einen hohen Stellenwert bei Beschäftigten ein. Es ist daher zeitgemäß, Lösungen zu finden, die für beide Seiten – Unternehmen und Beschäftigte – passen. Denn attraktive Arbeitszeitmodelle können Arbeitgebern sogar Vorteile bei der Suche nach neuen Fachkräften bringen. Gleitzeit, Vertrauenszeit, Langzeitkonten oder Jahreszeitkonten sind mittlerweile ebenso gängig wie Job-Sharing, die Vier-Tage- Woche oder andere Zeitmodelle.
Interview: „Ich habe meinen Traumjob gefunden!“
Zurück in den Beruf nach 15 Jahren Familienzeit – funktioniert das? Ein Beispiel aus der Praxis macht Mut und zeigt, wie es gehen kann.
Steluta Horvath (re.), 45 J., ist ausgebildete Zahntechnikerin. Nach ihrem Meisterdiplom 2010 hat sie ihr Unternehmen Stella Dental e.K. Frankfurt gegründet. Sie beschäftigt zur Zeit drei Mitarbeiterinnen, darunter Fana Isaak Haggi (li.), die als ausgebildete Zahntechnikerin nach längerer Pause wieder in ihren erlernten Beruf zurückgekehrt ist. fratz hat die beiden interviewt.
Frau Haggi, Sie haben den beruflichen Wiedereinstieg geschafft. Erzählen Sie uns bitte ein wenig über sich?
Ich bin in Eritrea in die Schule gegangen bis zum Abitur. Dann habe ich hier in Deutschland meine Ausbildung als Zahntechnikerin gemacht und zwei Jahre in diesem Beruf gearbeitet. Nach meiner Heirat habe ich Kinder bekommen, die mittlerweile 13 und 19 Jahre alt sind. Ich war 15 Jahre lang in Familienzeit.
Warum wollten Sie wieder sozialversicherungspflichtig beschäftigt sein?
Mir ist meine finanzielle Unabhängigkeit wichtig, und ich wollte für meine Rente vorsorgen.
Welche Wege sind Sie gegangen und wer hat Sie dabei unterstützt?
Zuerst habe ich selbst aktiv nach Praktikumsplätzen gesucht und ein paar Auffrischungskurse besucht. Dann habe ich mir noch zusätzliche Unterstützung bei der Arbeitsagentur geholt. Die Wiedereinstiegsberaterin hat mich bei den Bewerbungsunterlagen unterstützt und mich gecoacht, bis ich meinen neuen Job hier bei Frau Horvath angefangen habe. Meine Einarbeitung war intensiv und lief sehr gut. Es gab eine besondere Unterstützung für Berufsrückkehrende im Rahmen des Praktikums und außerdem einen Zuschuss für den Arbeitgeber. Jetzt habe ich endlich meinen Traumjob gefunden!
Frau Horvath, worauf achten Sie als Arbeitgeberin, wenn Sie eine Bewerbung erhalten?
Mir sind eine gute Bewerbungsmappe mit Zeugnissen sowie Empfehlungen ehemaliger Arbeitgeber besonders wichtig.
Wie sollten sich Ihrer Meinung nach Berufsrückkehrende am besten „vermarkten“?
Ich empfehle, den persönlichen Kontakt zum Arbeitgeber zu suchen. Ein kurzes Praktikum finde ich hilfreich, um sich gegenseitig kennenzulernen. Auf diesem Weg kann man die Kompetenzen und Potenziale der Bewerber schnell erkennen. Und diese wiederum können sich ebenfalls von den Arbeitsanforderungen ein Bild machen.
Welche Erfahrungen haben Sie mit der Einstellung von „Wiedereinstiegern“ gemacht?
Berufsrückkehrende haben zwar meistens eine gute Ausbildung, z.B. ein Diplom, aber leider keine aktuelle Berufserfahrung. Häufig waren sie zehn oder mehr Jahre nicht in ihrem Beruf tätig. Ihr Wiedereinstieg braucht deshalb eine intensive Einarbeitungsphase. Auch wenn es anstrengend ist: Berufsrückkehrende sollten nicht verzagen! Und Arbeitgebern empfehle ich, Geduld zu haben, denn der Weg lohnt sich – für beide Seiten!
Was können Sie anderen Unternehmen mit auf den Weg geben, um sich für Berufsrückkehrende mehr zu öffnen?
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Berufsrückkehrende besonders engagiert sind, zielorientiert und effizient arbeiten. In der jetzigen Wirtschaftssituation können sie sehr gut den Fachkräftebedarf decken.
Frau Haggi, was raten Sie anderen Müttern oder Vätern, die so wie Sie beruflich wieder einsteigen möchten?
Die Hoffnung nicht verlieren, es immer weiter versuchen und nicht aufgeben! Es gibt viele Hilfs- und Beratungsangebote, die man nutzen kann. Das hat mir auch geholfen.
Frau Horvath, wie gehen Sie auf Wünsche in Bezug auf Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein? Wo sehen Sie Grenzen?
In kleinen Unternehmen ist manches flexibler und man kann oftmals eher auf die Wünsche der Arbeitnehmer eingehen. Alle Wünsche kann ich in meinem Unternehmen aber nicht pauschal oder regelmäßig erfüllen. Ich bin durchaus offen für flexible Arbeitszeiten, sofern sie rechtzeitig kommuniziert werden und sich die Aufträge termingerecht abwickeln lassen. Die Arbeitsbelastung muss an die verfügbaren Arbeitskräfte anpassbar sein, um meine Angestellten und mich vor Überlastungen zu schützen.
Und wie hat es bei Ihnen mit der Vereinbarkeit bisher geklappt, Frau Haggi?
Mein Mann unterstützt mich sehr, ohne seine Hilfe hätte es nicht so gut funktioniert.
Abschließend: Wo möchten Sie beruflich in zehn Jahren stehen, Frau Haggi?
Ich könnte mir vorstellen, mich selbständig zu machen!
Aktionsprogramme und Beratungsangebote
„Perspektive Wiedereinstieg – Potenziale erschließen“
Der Frauenbildungsträger Femkom hat gemeinsam mit „ZIBB“ aus Groß-Umstadt den Zuschlag für ein Aktionsprogramm erhalten, das Wiedereinsteigerinnen eine neue berufliche Perspektive eröffnen kann. Das neue Modellprogramm „Perspektive Wiedereinstieg – Potenziale erschließen“ will vor allem gut ausgebildete Frauen in Familienzeit oder in geringfügiger Beschäftigung erreichen. Denn Minijobs erweisen sich häufig als Sackgasse für die berufliche Entwicklung. Alle Programm-Teilnehmerinnen erhalten sowohl Einzel- als auch Gruppencoaching.
Infos: Femkom, Wienerstr. 78, Darmstadt, Tel. 06151/4 28 84-0, www.femkom.de ZIBB Groß-Umstadt, Steinschönauer Straße 4b Tel. 06078/72377, www.zibb-umstadt.de
Wiedereinstieg nach Familienphase
Wer beruflich pausiert hat aufgrund von Kinderziehung oder Pflege von Angehörigen und jetzt wieder zurück in den Beruf möchte, kann sich vertrauensvoll an die Wiedereinstiegsberaterin der Agentur für Arbeit Darmstadt wenden. Eine Terminvereinbarung ist in Darmstadt, Dieburg, Bensheim, Erbach, Mörlenbach und Lampertheim möglich.
Infos: Filiz Yanc-Gülbey, Email: Darmstadt.BC@arbeitsagentur.de Tel. 06151 304 138 (offene Telefonsprechstunde: MI 14.00 – 15.00 Uhr)
Für Arbeitgeber: Zwei Bewerber/innen – ein Gewinn!
Um auf Schwankungen beim Arbeitsaufwand gut reagieren zu können und Effektivitätsverluste durch Überstunden zu vermeiden, können sich Teilzeitkräfte eine oder zwei Vollzeitstellen teilen. Der Vorteil: Sie arbeiten häufig effektiver und motivierter, ergänzen sich fachlich, werden hohen Anforderungen gerecht und können sich gegenseitig vertreten. Außerdem tragen sie zur Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens bei. Unternehmen, die solche Teilzeitmodelle anbieten möchten und noch passende Bewerber suchen, können sich bei der Arbeitgeber-Hotline der Agentur für Arbeit Darmstadt melden.
Info: Telefon-Hotline für Arbeitgeber: 0800 / 45 555 20