Ein Beitrag von Anke Breitmaier

Heute allerdings besitzen schon viele Sechs- bis Neunjährige ein Smartphone, bei den zehn-bis 13-Jährigen sind es mehr als 80 Prozent. Also stimmt es: Nahezu alle Kids haben ein Mobiltelefon, viele dazu noch einen PC, ein Tablet oder eine Smartwatch. So normal das auch sein mag, der Umgang mit digitalen Geräten und die Internetgewohnheiten sollten von Eltern frühzeitig klar geregelt werden.

Können Sie sich noch an den Walkman erinnern? Ende der Siebzigerjahre wurde der tragbare Kassettenrekorder erfunden, mit dem man mobil über Kopfhörer Musik hören konnte. Damals war er eine Sensation und wurde doch von vielen kritisch gesehen. Musikhören in der Öffentlichkeit würde zur Sprachlosigkeit führen und asoziales Verhalten hervorbringen, wurde unter anderem befürchtet.

Für uns klingt das absurd. Denn heute ist mobiles Musikhören selbstverständlich. Und die negativen Folgen sind keinesfalls eingetreten. Im Gegenteil, das erste tragbare Kassettengerät hat niemandem geschadet und war erst der Anfang einer rasanten, damals unvorstellbaren technischen Entwicklung. Heute nehmen wir das Tablet zum Filmegucken überall mit hin, zeichnen per Smartwatch auf, wie viel wir uns bewegt haben, haben all unsere Kontakte „auf der Uhr“, lassen damit die Rollläden zuhause runter, wenn wir unterwegs sind, und nutzen ein Smartphone für nahezu alles.

Von klein auf digital eingestellt

Kinder wachsen damit auf, dass sie etliche elektronische Geräte um sich haben, die das tägliche Leben steuern, vereinfachen und vor allem verschönern durch eine Vielzahl an Kommunikationsmöglichkeiten und Entertainmentangeboten. Die meisten von uns nutzen in irgendeiner Form das Internet. Viele arbeiten täglich damit, besorgen sich in Echtzeit Informationen über alles und jeden, bestellen Sachen, suchen die große Liebe, checken das Wetter und kommunizieren über Messengerdienste – der Umgang mit digitalen Medien ist uns vertraut, ohne geht es fast gar nicht mehr.

Durchschnittlich 71 Stunden pro Woche verbringen Erwachsene laut „Digitalstudie 2023“ im Internet, die 18- bis 39-Jährigen kommen sogar auf 93 Stunden. Am liebsten nehmen sie dafür das Handy, gefolgt von Laptops und Desktop-Computern.

Das erste eigene Handy gibt´s zwischen 6 und 11 Jahren

Die meisten Kinder werden also umgeben von digitalen Möglichkeiten groß, vieles ist für sie selbstverständlich. Und kaum können die Kleinen richtig greifen, haben sie oft das Smartphone von Mama oder Papa in den Händchen. Denn scrollen können viele schon, bevor sie richtig sprechen können. Da ist dann der Weg bis zum eigenen Handy meist gar nicht mehr weit.

Spätestens beim Eintritt in die Grundschule überlegen so auch die meisten Mütter und Väter, ob ihr Kind ein eigenes Handy bekommen soll. Umfragen zufolge erlaubt die Hälfte aller Eltern ihrem Kind das erste eigene Handy im Alter von sechs bis elf Jahren. Ein Argument für die Anschaffung ist auch der Sicherheitsaspekt. Mit Schulbeginn erweitert sich der Radius der Kinder. Sie unternehmen mehr ohne elterliche Aufsicht und werden insgesamt selbstständiger. Sind ihre Kinder dann theoretisch immer und überall per Handy erreichbar, fühlen sich viele Eltern sicherer. Wo das Kind ist, was es macht und wie es das Handy nutzt, lässt sich auch per App relativ einfach checken – das kann aber in übermäßige Kontrolle ausarten und Kinder einschränken. Anstelle heimlich Apps zu installieren, um das Kind auszuspionieren, sollten Eltern darüber sprechen, wie, für was und in welchem Umfang Handy und Co. genutzt werden dürfen.

Kontrolle ist gut – Vertrauen ist besser!

Wann ist mein Kind reif fürs erste Smartphone?

Wann ein Kind online loslegen darf oder das erste eigene Smartphone bekommen sollte, entscheiden Eltern auch abhängig davon, wie sie selbst digitale Geräte nutzen. Der allgemeine Rat von Pädagogen lautet: Je später, desto besser. Denn auch wenn Internet und Co. heutzutage fast ominpräsent sind, sollten Kinder die große weite Onlinewelt angeleitet und begleitet von den Eltern kennenlernen. Junge User sollten den Umgang „üben“, egal ob es ums Chatten mit Freunden über Messenger und soziale Netzwerke geht, das Videoschauen auf YouTube oder Games in virtuellen Spielwelten.

Damit sich Kinder sicher im Internet bewegen, sollten sie die Regeln und Risiken verstehen, wissen, welche Tücken App-Downloads haben und wie sie ihre persönlichen Daten in Chats oder auf unseriösen Seiten schützen können und müssen.

Vernetzt nochmal?!
Kinder sind immer öfter online

Filme streamen, WhatsApp verschicken oder Gamen – für Kinder sind das wichtige Freizeitbeschäftigungen. Seit Corona ist der digitale Medienkonsum noch mal deutlich gestiegen. Immer mehr Zeit verbringen Kinder und Jugendliche in sozialen Netzwerken, beim Streamen oder Computerspielen. Eine DAK-Studie von 2022 ergab, dass die Hälfte der zehn- bis 17-Jährigen täglich Kanäle wie Netflix oder YouTube besucht. 39 Prozent spielen täglich online, 59 Prozent nutzen jeden Tag soziale Medien. Dabei steigt die Zahl der sogenannten Intensivnutzer, das sind diejenigen, die jeden Tag fünf oder mehr Stunden online verbringen, rasant.

Das hat Auswirkungen auf das Familienleben. Wenn jedes Familienmitglied ein eigenes Smartphone, Tablet oder ein anderes mobiles Endgerät besitzt, wird es für Eltern immer schwieriger, den Überblick über alle Medienaktivitäten zu behalten. Viele verlieren dann nicht selten die Kontrolle über den zeitlichen Umfang und erhalten immer weniger inhaltliche Einblicke in das, was ihre Kinder online so machen – vor allem, wenn sie nicht von Beginn an Regeln zum Umgang aufgestellt und deren Einhaltung konsequent durchgezogen haben.

Wann es wirklich zu viel wird

Problematisch wird es, wenn Computer oder Smartphone über einen längeren Zeitraum so stark genutzt werden, dass andere Aktivitäten dadurch vernachlässigt werden. Schul- und Kontaktprobleme, Schlafstörungen oder Übergewicht können Folgen sein. Als mediensüchtig gilt nach Kriterien der Weltgesundheitsorganisation (WHO), wer über den Zeitraum von einem Jahr die Kontrolle über sein Nutzungsverhalten verloren hat, sich aus anderen Lebensbereichen zurück¬zieht und auch dann so weitermacht, wenn sich negative Folgen wie soziale oder gesundheitliche Probleme einstellen. Nicht allein die Zeit, die ein Kind online verbringt, ist ausschlaggebend. Wesentlich ist, welchen Stellenwert Handy oder Computer im Alltag haben: Wenn ein Kind andere Aktivitäten dafür vernachlässigt, Konzentrationsprobleme oder Schlafstörungen hat und nicht mehr ohne kann, also die Kontrolle über den Umgang mit dem Internet oder auch Computerspielen verliert, sollten Eltern hellhörig werden.

Wissen schützt, Erfahrung macht klug

Kinder verlernen es, sich auf eine Sache richtig zu konzentrieren, das ständige Onlinesein verhindert Kontakte in der analogen Welt und überhaupt beeinflussen die ganzen digitalen Medien die kindliche Entwicklung und stören ihre Bindungsfähigkeit – viele Eltern befürchten, dass ihre Kinder in der digitalen Welt Schaden nehmen könnten.

Es ist nicht alles schlecht, was digital daherkommt

Soziale Medien beispielsweise können auch Kreativität fördern und die Identitätsbildung unterstützen. Auch die Beziehungsfähigkeit kann gestärkt werden – alles vorausgesetzt, die Kinder werden beim Umgang mit Smartphone und Co. begleitet und unterstützt. Dazu gehört, dass Eltern sich gemeinsam mit ihren Kindern mit dem Thema befassen, ihnen langsam und angemessen den Zugang zum Internet ermöglichen und sie aufklären über die nicht ganz so guten Seiten.

Handy ist nicht alles!

Was man nicht unterschätzen sollte, ist allerdings auch, dass viele Kinder es ganz gut schaffen, digitale und reale Aktivitäten unter einen Hut zu bekommen – manchen gelingt das sogar besser als den Erwachsenen. Immerhin wachsen Kinder heutzutage digital auf, sie kennen es nicht anders. Untersuchungen belegen, dass die vier- bis 13-Jährigen nicht nur am Handy oder vor dem Computer hängen. Freunde treffen, draußen was unternehmen oder auch Sport sind nach wie vor beliebte Freizeitbeschäftigungen.

Für Vierjährige beispielsweise spielen Smartphone, Tablet oder Computer eher eine untergeordnete Rolle, nur sieben Prozent von ihnen beschäftigen sich mehrmals wöchentlich damit. Mit dem Alter nimmt das Interesse dann zu: Bei den 13-Jährigen sind es bereits 71 Prozent, die öfter pro Woche streamen, chatten oder gamen.

Hier haben Eltern einen immens großen Einfluss. Schon allein durch ihre Vorbildfunktion. Wenn Mama oder Papa ständig aufs Smartphone schaut, färbt das auch auf das Verhalten der Kinder ab. Legen sie es dagegen auch mal aus der Hand und schalten es für längere Zeit ganz aus, um andere Dinge bewusst zu tun, schauen sich Kinder auch das ab.

Eltern sollten sich mit dem Medienkonsum ihrer Kinder auseinandersetzen, Interesse dafür zeigen und ganz klare Regeln aufstellen. Noch besser ist es, alternative Freizeitbeschäftigungen zu fördern und Kindern damit zu zeigen: das Handy ist nicht alles.