Ein Beitrag von May-Britt Winkler

„Seit ich fünf Jahre alt bin, gucke ich ‚The Voice Kids‘ im Fernsehen, und seit der ersten Show habe ich mir gesagt: ‚Da will ich unbedingt mitmachen.‘ Ab dem ersten Moment wusste ich, ich will Sängerin werden.“ Zahllose „Bitte, bitte, bitte“ musste sich Tessa Heuer, Joyces Mutter, anhören, und die ersten Jahre gab es darauf immer nur genauso viele Neins, doch dann gaben die Eltern irgendwann nach, und ihre hartnäckige Tochter durfte sich endlich bewerben.

„The Voice Kids“ ist – für diejenigen, die das tatsächlich nicht wissen sollten – eine Musik-Casting-Show für Sieben- bis 15-Jährige, bei der die Jury nicht sehen kann, wer auf der Bühne steht und singt. Es gibt vier prominente Coaches oder Coaching-Teams, die sich bei Gefallen umdrehen. „Dreht sich nur ein Coach um, dann betreut der diese Person“, erklärt Joyce. „Manchmal dreht sich auch keiner um, dann ist die Reise für denjenigen erst einmal vorbei.“ Doch Joyce hatte Glück; bei ihr wollten gleich zwei Stars aus der Musik-Branche das junge Nachwuchstalent in ihrem Team haben: die Popsänger Alvaro Soler und Wincent Weiss. „Sat 1 hat dann für die Sendung ganz schön viel rauschneiden müssen, weil ich mich einfach nicht entscheiden konnte, zu wem ich gehe. Es hatte deshalb ewig gedauert“, erinnert sich Joyce. „Ich habe schließlich meinen großer Bruder Jack auf die Bühne geholt, und der hat mir geraten, Alvaro zu wählen.“

Diese Entscheidung hat Joyce bis heute nicht bereut. Auch wenn alle Coaches, darunter Lena Meyer-Landrut sowie Michi und Smudo von den Fantastischen Vier ziemlich freundlich waren, so hat Soler sie noch getoppt. „Der war richtig, richtig cool, und der war richtig, richtig nett, und er war bei allen Proben – auch, wenn die Kamera nicht dabei war – für alle aus seinem Team da und hat sie unterstützt“, schwärmt Joyce.

Die Videobewerbung, das erste Casting und die Zusage für die Show sind nun bald ein Jahr her, aber die inzwischen Sechstklässlerin schwelgt noch immer in den schönen Erinnerungen. Diese Erfahrungen hat Joyce ihrem Optimismus und ihrer Beharrlichkeit zu verdanken, denn sie hatte sich ein Jahr zuvor schon einmal für „The Voice Kids“ beworben, jedoch ohne Erfolg. Beim zweiten Anlauf hat es schließlich funktioniert: „Man soll niemals aufgeben“, rät Joyce. „Ich hätte mich auch nochmal beworben; das wäre mir so egal gewesen. Und wenn es dann wieder nicht geklappt hätte, hätte ich mich nochmal beworben.“

Joyce ist in der Tat kaum zu bremsen und sprudelt nur so vor Enthusiasmus und Eifer. Beim Singen ist sie stets in ihrem Element, und das fing bereits frühzeitig an. Schon als Kleinkind hat Joyce die Familie unterhalten: Schnuller raus und alle Lieder im Radio mitgeträllert. „Wenn wir Auto gefahren sind, dann hat sie sogar englische Texte mitgesungen.“, erzählt Mutter Tessa, die nicht verschweigen möchte, dass sie außerordentlich stolz ist auf ihre Kleine, mit der sie die Leidenschaft zur Musik teilt. Denn auch die Mama hat schon auf einigen Bühnen getanzt und gesungen – wenn auch als Amateurdarstellerin.

„Aber das war jetzt schon alles ziemlich nervenaufreibend“, gesteht sie rückblickend, zumal sich die Zeit vom ersten Scouting-Termin bis zur Zusage wie Kaugummi in die Länge gezogen hat. Und selbst als Tessa schon wusste, dass Joyce zu den sogenannten „Blind Auditions“ eingeladen ist, musste sie dennoch dichthalten, denn die Verantwortlichen der Show wollten, dass ihre Tochter erst zwei Wochen später vom Moderator Thore Schölermann telefonisch überrascht werden soll. „Ich hatte Thore dann plötzlich am Handy“, erinnert sich die damals noch unwissende Joyce. „Und er fragte: ‚Wo singt Joyce gerne Hits? – Na, ist doch klar, bei… – und ich rief dann ‚The Voice Kids‘.“

Bis in die vorletzte Runde ist das Nachwuchstalent immerhin bei der Sendung gekommen. Seitdem hat sich vieles in ihrem Leben verändert, während anderes noch genauso ist wie einst. Joyce räumt weiterhin ihr Zimmer nicht auf, und sie mag nach wie vor keinen Musikunterricht in der Schule, denn Notenlesen ist nicht so ihr Ding: „Ich improvisiere lieber.“ Und Joyce ist immer noch ganz bodenständig, auch wenn sie inzwischen eigene Autogrammkarten hat: „Ich muss mir erst mal eine Unterschrift dafür ausdenken“, erklärt sie und schmiert beim Probieren „Joyce“ noch etwas unbeholfen quer über ihr gedrucktes Gesicht. „Macht nichts“, sagt sie unbeschwert und sortiert das Malheur aus. „Sind ja noch viele Autogrammkarten übrig.“

Dass sie kurz vor dem Finale ausgeschieden ist, ist zwar schade, aber auch das macht nichts: „Es sind richtig tolle Freundschaften dort mit anderen Teilnehmern entstanden. Und wir sind immer noch in Kontakt, treten sogar hin und wieder zusammen auf.“ So wie mit Mitstreiterin Lara.

Als Alvaro Soler vor kurzem ein Konzert vor über 5000 Fans in Schwetzingen spielte, standen die beiden Mädchen zusammen mit ihrem Idol auf der Bühne und performten ein paar Songs. Zudem haben sie gemeinsam mit Alvaro Mittag gegessen, der Band beim Proben zugeschaut und ein bisschen echte Konzertluft geschnuppert. „Professionelle Sängerin zu sein, wäre schon mein Traum“, befindet Joyce. „Ich kann mir mein Leben ohne Singen auch eigentlich gar nicht mehr vorstellen.“

Egal, ob Musicaldarstellerin, Tänzerin oder Popstar, es zieht sie auf die Bühne. Gerade plant sie, gemeinsam mit ihren Cousinen eine Band zu gründen, außerdem dreht sie TikTok-Videos und könnte sich auch eine erfolgreiche Schauspielkarriere durchaus vorstellen.

Für den Notfall will die 11-Jährige aber mal trotzdem lieber noch einen richtig guten Schulabschluss absolvieren. „Ich mache Abitur und will dann in Amerika aufs College gehen“, hat Joyce schon ehrgeizig geplant. Zwar wird der Mama bei dem Gedanken an die Kosten für ein Studium an einem US-College ein wenig schwummrig, aber ihre Tochter beruhigt: „Vielleicht verdiene ich bis dahin ja mit der Musik mein eigenes Geld. Dann kann ich Euch ein bisschen unterstützen.“