Wann wart ihr zuletzt im Wald? Gerade jetzt im Frühling, wenn die Pflanzen- und Tierwelt erwacht, ist ein Spaziergang zwischen Baumriesen und knospendem Buschwerk inspirierend, spannend und erholsam zugleich. Und die besondere Atmosphäre des Waldes fördert die Gesundheit von Groß und Klein.

Gesunde grüne Lunge

Auch die Wissenschaft nimmt den Wald derzeit verstärkt ins Visier. Medizinische Untersuchungen belegen, was Waldbesucher schon lange spüren: Ein Aufenthalt im Wald tut einfach gut! Die frische Waldluft ist sauerstoffreich und staubarm. Und sie ist angereichert mit den Duftstoffen der Bäume, darunter ätherische Öle, die unser Immunsystem stärken. Es gibt sogar Hinweise, dass es sich dann besser gegen körpereigene Krebszellen zur Wehr setzen kann. Wenn wir uns hier bewegen, kurbeln wir zugleich unser Herz-Kreislauf-System an. Und ein Spaziergang im Wald, fernab von Lärm und Hektik der Zivilisation, wirkt beruhigend und entspannend, der Blutdruck sinkt, Stresssymptome verschwinden.

In Japan sind Ausflüge in den Wald, das sogenannte Waldbaden („Shinrin Yoku“), fester Bestandteil der Gesundheitsvorsorge. Dort ist Waldmedizin ein anerkanntes Fachgebiet und mittlerweile gibt es auch in Deutschland, auf Usedom, Europas ersten Kur- und Heilwald.

Im Wald unterwegs

Auch wenn Südhessen nicht mit einem offiziellen Heilwald dienen kann: Wald haben wir hier jede Menge. Neben Rheinland-Pfalz ist Hessen nämlich das waldreichste Bundesland: Rund 42 Prozent der Landesfläche sind bewaldet.
Und dieser Wald darf auch betreten werden! Zum Zweck der Erholung ist das ausdrücklich gestattet; das gilt auch für die Wälder in Privatbesitz, die in Deutschland fast 50 Prozent des Waldbestandes ausmachen. Ganz unkompliziert und spontan könnt ihr also beim nächsten Sonntagsspaziergang den Wald rund um eure Gemeinde erkunden. Und zwar nicht nur bei Bilderbuchwetter, schließlich schützt das Blätterdach der Bäume uns vor Wind, Regen und Sonnenhitze.

Kleiner Wald-Knigge

  • Pflanzen und Tiere schonen: keine Äste abknicken oder Rinden einritzen, Rückzugsräume der Tiere respektieren, besonders in der Brut- und Setzzeit (April bis Juni) und im Winter.
  • Maßvoll mitnehmen: Ihr dürft Blumen, Beeren, Nüsse und Pilze, sofern sie nicht geschützt sind, in kleinen Mengen für den privaten Gebrauch pflücken oder sammeln (sogenannte „Handstraußregelung“).
  • Absperrungen beachten – auch zur eigenen Sicherheit (etwa bei Baumfällarbeiten)
  • Rücksicht auf andere Waldbesucher nehmen – davon profitieren alle, ob Spaziergänger, Reiter, Radfahrer oder Jogger.
  • Nicht rauchen und kein Feuer machen – Brandgefahr!
  • Müll wieder mit nach Hause nehmen.
  • Hunde anleinen.

Spielideen für Groß und Klein

Besonders Kinder lieben es, ohne Zeitdruck durch den Wald zu streifen. Hier können sie ohne Rücksicht auf Autoverkehr oder ruhebedürftige Nachbarn ihren Bewegungsdrang ausleben und sich mit allen Sinnen auf den Naturraum einlassen. Dazu braucht es oft gar kein bestimmtes Ziel oder Motto. Wer Lust hat, kann sich aber natürlich besondere Ideen ausdenken. Wie wäre es z. B. mal mit einer Waldrallye mit der ganzen Familie? Beim Zapfenweitwurf, Tierspuren-Raten und Baumstamm-Balancieren können sich alle im sportlichen Wettstreit austoben. Und wer ist der beste Sachensucher und findet als Erster etwas Rundes, etwas Stacheliges oder eine weiße Blüte? Beim Wald-Memory legt ihr Fundstücke (Zapfen, Stein, Rindenstück, Feder …) aus und deckt sie mit einem Tuch ab. 30 Sekunden dürfen sich dann alle das Sammelsurium anschauen, bevor es wieder zugedeckt wird. Wer kann sich an die meisten Gegenstände erinnern?
Auch kleine Künstler kommen im Wald auf ihre Kosten. Kastanienmännchen, eine Collage aus Naturmaterialien oder ein Bild aus selbst angerührten Erdfarben zeigen, wie kreativ man mit einfachsten Mitteln sein kann. Forschertypen können sich als Nachwuchs-Biologen betätigen und kleine Krabbeltiere in der Becherlupe untersuchen (und nach der Beobachtung wieder vor Ort freilassen!) oder zu Hause ein Herbarium mit gesammelten, getrockneten Blättern anlegen.

Und auch das Zur-Ruhe-Kommen kann man im Wald üben: Wenn wir die Blicke auf Details lenken, uns auf die Geräusche des Waldes konzentrieren und ganz bewusst die verschiedenen Düfte erschnuppern, lernen wir, uns wieder auf die eigene Wahrnehmung zu besinnen.

Tipp

Die Waldentdecker-Broschüre der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (www.sdw.de) enthält noch viele weitere Ideen für Familien und Kindergruppen.

Ausflugsziele und Aktionen

Wer noch mehr Input braucht: Ein Erlebnis- oder Lehrpfad lädt mit Hinweistafeln und Stationen zum spielerischen und sportlichen Erleben des Waldes ein. Zum Beispiel führt der Walderlebnispfad Frankenstein in Mühltal/Nieder-Beerbach auf rund 3 Kilometern vorbei an Kräuter-Riech-Garten, Waldsofa, Baumuhr und Eichhörnchentelefon. Für den Spaziergang solltet ihr ca. zwei bis drei Stunden einplanen. (www.walderlebnis-frankenstein.de)

Auf Tour mit dem Förster oder einem anderen Waldexperten könnt ihr bei einer geführten Exkursion viel Neues über unsere heimische Natur erfahren. Die Ortsgruppen des NaBu veranstalten regelmäßig Führungen, die auch für Kinder ab ca. zehn Jahren geeignet sind, etwa zum Thema Wildkräuter, Vogelstimmen oder Fledermäuse (www.nabu-darmstadt.de). Auch der BUND lädt immer wieder zu Ausflügen ein, etwa am 7. April zum Sonntagsspaziergang auf den Spuren der Wildkatze im Kranichsteiner Forst (darmstadt.bund.net). Im Herbst werden wieder Pilzwanderungen im Wald angeboten, zu finden z. B. bei der Volkshochschule Darmstadt-Dieburg oder unter www.pilze-erleben.de.
Und wenn ihr Wildtiere in ihrer natürlichen Umgebung beobachten wollt: Im Wildpark, etwa der „Alten Fasanerie“ in Hanau-Kleinauheim, zeigen sich Luchs und Elch, Wisent und Wolf den Besuchern aus nächster Nähe.

Der deutsche Wald: Zahlen und Fakten

Die 11,4 Millionen Hektar Wald machen knapp 1/3 der Fläche Deutschlands aus.

Der deutsche Wald ist zu 48 Prozent Privateigentum.

Jährlich erzeugt der Wald in Deutschland etwa 25 bis 38 Millionen Tonnen Sauerstoff.

Hier leben 140 Wirbeltierarten und 6.500 Insektenarten, es wachsen 76 Baumarten und 116 Straucharten.

Mehr als 574.000 Kilometer Waldwege laden zum Erkunden ein.

Die waldreichsten Bundesländer sind Rheinland-Pfalz
und Hessen: 42 Prozent ihrer Landesfläche sind Wald.

Waldpädagogik: Lernort Wald

Dass der Wald Kindern guttut und ihnen Spaß macht, ist auch die Basis waldpädagogischer Angebote. Heute, wo der Kontakt zur Natur verlorenzugehen droht, kommt dem Wald als naturnahem Lebensraum besondere Bedeutung zu. Durch praktisches Erleben können Kinder hier spielerisch und ganzheitlich mit allen Sinnen lernen und die Natur im wahrsten Sinn des Wortes be-greifen. Sie erfahren hautnah ökologische und gesellschaftliche Zusammenhänge und können ein Bewusstsein für die Umwelt entwickeln, schließlich gilt der Satz: „Nur was ich kenne, kann ich lieben und nur, was ich liebe, kann ich schützen.“ Die direkte Naturbegegnung sensibilisiert zudem die Wahrnehmung und bietet mit den vielfältigen Bewegungsmöglichkeiten einen wohltuenden Gegenpol zum allgegenwärtigen Handy- und Medienkonsum. Ein Waldkindergarten setzt diese Ziele konsequent um und greift in der täglichen Arbeit auf das unerschöpfliche Potenzial an Spiel- und Lernmöglichkeiten im Wald zurück. Oft bietet ein Bauwagen Raum für Mal-Pausen und fürs Mittagessen im Winter – ansonsten wird draußen gespielt und gewerkelt. Für unsere Region listet der Bundesverband der Natur- und Waldkindergärten e.V. (bvnw.de) ein gutes Dutzend Einrichtungen auf. Darüber hinaus gibt es in Darmstadt und Umgebung eine Vielzahl von Organisationen mit naturpädagogischen Freizeitangeboten für verschiedene Altersgruppen. Das sind Vereine und Verbände wie der BUND mit seiner Kinderumweltgruppe für Fünf- bis Zehnjährige (darmstadt.bund.net/kinder/kinderumweltgruppe/). Auch bei den Pfadfindern ist Walderleben ein zentraler Bestandteil. In Darmstadt bieten mehrere Verbände Gruppen für Kinder und Jugendliche an, etwa die Adventjugend (auf-der-hoehe.de/cpa/), der Bund Deutscher Pfadfinder (www.pfadfinden-darmstadt.de) oder die Deutsche Pfadfinderschaft St. Georg (www.dpsg-darmstadt-liebfrauen.de). Dazu gibt es engagierte Privatpersonen und Anbieter, die den Begriff Naturpädagogik ganz unterschiedlich mit Farbe füllen.

Sabina Dopczynska etwa veranstaltet unter dem Motto „Klettern mit Köpfchen“ Outdoor-Ferienspiele und bietet nach den Osterferien auch einen wöchentlich fortlaufenden Kurs für Kinder zwischen sechs und zehn Jahren an, in dem man gemeinsam Geheimnisse des Waldes beobachtet, erforscht und ergründet (www.klettern-mit-koepfchen.de). Tipp: Viele dieser Anbieter sind Mitglied im Netzwerk Naturpädagogik Darmstadt. Unter www.naturpaedagogik-darmstadt.de findet ihr eine umfassende Übersicht. Und wer sich live von der Vielfalt der Angebote überzeugen will: Beim jährlichen Naturerlebnistag am Bessunger Forst im Juni präsentieren sich die Gruppen mit bunten Mitmach-Aktionen. Ob angeleitet als waldpädagogisches Angebot oder auf eigene Faust mit der Familie: Es gibt so viele Ideen, draußen in der Natur aktiv zu sein.

In diesem Sinn: Auf bald im Wald!

Mit Kindern Mit Kindern  den Wald  entdecken

Diplom-Forstingenieur Peter Fischer (62) ist Forstbeamter bei Hessenforst und dort seit 2005 Waldpädagoge. Wir haben mit ihm gesprochen.

Wie haben Sie selbst für sich die Liebe zum Wald entdeckt?
Ich stamme aus einem Dorf in Nordhessen. Bei uns im Haus haben oft junge Fort-Anwärter zur Untermiete gewohnt. Mit denen bin ich bei Wind und Wetter in den Wald – und irgendwann stand mein Berufswunsch fest.

Warum ist es für Kinder so wichtig, in den Wald zu gehen?
Der Wald ist hierzulande die bedeutendste Freifläche überhaupt. Fast 50 Prozent von Hessen sind mit Bäumen bewachsen. Und man kann dort so viel lernen und kennenlernen. Dabei geht es gar nicht so sehr darum, Baumarten unterscheiden zu können oder Ähnliches. Viel wesentlicher ist, dass Kinder im Wald Dinge entdecken und beschreiben können, dass sie sich Fragen stellen und gemeinsam mit der Natur auseinandersetzen. Am wichtigsten ist jedoch die Möglichkeit, dass man sich im Wald frei bewegen kann. Wenn ich Erst- oder Zweitklässler im Wald beobachte, bin ich oft erschreckt, wie unsicher sich viele abseits befestigter Wege bewegen.

Hat sich im Lauf der Jahre was im Verhältnis der Kinder zum Wald verändert?
Ich habe das Gefühl, dass dieser Bewegungsmangel schlimmer geworden ist. Allerdings gibt es durchaus Unterschiede zwischen Stadt- und Dorfkindern. Wenn wir mit Schulklassen auf dem Land arbeiten, etwa in Ernsthofen, bringen die Kinder schon mal ihre Kiste mit gesammelten Knochen von zu Hause mit. Da merkt man, wie selbstverständlich sie im Wald unterwegs sind und wie viel Hochachtung sie den Natur-Fundstücken entgegenbringen.

Was für waldpädagogische Aktivitäten gibt es bei Ihnen?
Hessenforst richtet sich mit seinen kostenfreien Angeboten vor allem an Kindergärten und Schulen. Daneben gibt es aber eine Reihe etablierter öffentlicher Veranstaltungen: Den Familienwandertag im September, einen ca. 2,5-stündigen Spaziergang, organisieren vier Forstämter in der Region gemeinsam. Auch die Waldweihnacht in Ober-Ramstadt mit Förster Klaus Seifert sowie der gemeinsame Waldspaziergang am Heiligabend, den ich anbiete, sind jedes Jahr gut besucht.

Können Sie uns ein paar Ausflugstipps verraten, wo Familien in der Gegend spannende Ziele finden?
Im Wildschutzgebiet im Kranichsteiner Wald östlich des Jagdschlosses kann man auf der Besucherkanzel, einem großen Hochsitz an einer Wiese, in der Dämmerung fast immer Tiere beobachten. Wildschweine oder ein Hirsch in freier Natur – das ist ein ganz anderes Erlebnis als eingezäunt im Tierpark. Der Waldkunstpfad (im Darmstädter Forstrevier auf 3,3 Kilometern vom Böllenfalltor bis hin zur Ludwigshöhe) bietet auch für Kinder interessante Geschichten rund um die Kunstwerke. Einen guten Einstieg bietet z. B. der Waldparkplatz hinter dem Polizeipräsidium. Mein Frühlingstipp für einen abwechslungsreichen Spaziergang startet am Restaurant „Bölle“ in Darmstadt und verläuft dann über die Ludwigshöhe und den Prinzenberg vorbei am Melitabrunnen und macht einen Schlenker zu den Eberstädter Streuobstwiesen – diese Strecke ist sehr vielfältig und wunderschön.

Früher hat Sie immer Ihr Hund Konrad zu den Exkursionen begleitet. Ist das heute noch so?
Konrad ist leider in die Ewigen Jagdgründe eingegangen. Jetzt sind meine beiden Hunde Leni und Bende dabei. Die Kinder freuen sich immer sehr über die Tiere und bekommen so noch mal einen anderen Zugang zur Natur.

Web-Tipp

www.waldkulturerbe.de

des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft: Infos und Broschüren auch für Kinder, z.B. die kostenlose Waldfibel „Entdecke den Wald“ zum Download oder Bestellen.