Ein Beitrag von Monika Klingemann

Zugegeben: Im trubeligen Familienalltag stehen die Themen Nachhaltigkeit und Umweltschutz nicht immer ganz oben auf der Agenda. Aber uns allen ist klar, dass wir über unsere ökologischen Verhältnisse leben. In unserem Beitrag wollen wir Sie mit alltagstauglichen Ideen und Informationen zu einem bewussteren Konsum motivieren – ganz ohne Stress und erhobenen Zeigefinger. Denn wir alle können dazu beitragen, das Leben etwas nachhaltiger zu gestalten.

Klimafreundlicher Genuss auf dem Teller

15 Prozent des Treibhausgas-Ausstoßes pro Kopf entstehen durch unsere Ernährung, so das Umweltbundesamt. Da können wir ansetzen, indem wir Einkaufsverhalten und Ernährungsgewohnheiten überdenken.

Regional und saisonal sind zum Beispiel die Stichworte, wenn es um Obst und Gemüse geht. Was vor Ort wächst und geerntet wird, hat keine langen Transportwege, braucht keine energieintensiven Treibhäuser oder aufwendige Bewässerung in südlichen Anbauländern. Flugware hat die schlechteste Klimabilanz. Südfrüchte, die mit dem Schiff zu uns kommen, haben einen deutlich geringeren CO2-Fußabdruck. Und muss es wirklich Spargel aus Peru sein, wo doch die Stangen im Frühsommer knackig frisch in Südhessen direkt vor der Haustür wachsen? Frische Früchte sind generell nachhaltiger – und auch gesünder – als Konserven, bei diesen schlagen Verarbeitung und Verpackung negativ zu Buche.
Tiefkühlware liegt in der Klimabilanz dazwischen. Welche Früchte hierzulande wann reif sind, können Sie zum Beispiel im Saisonkalender der Verbraucherzentrale nachlesen (www.verbraucherzentrale.de/saisonkalender).

Die Bundeszentrale für Ernährung (BZfE) bietet eine kostenlose App an mit Informationen zum aktuellen Marktangebot und einem Einkaufshelfer, der per Fingertipp verrät, wann welches Obst und Gemüse reichlich verfügbar ist.

Obst aus dem Kühlhaus oder aus Übersee?
Der CO2-Fußabdruck von heimischen Äpfeln ist, obwohl sie aus dem Kühlhaus kommen, im Frühjahr nur halb so groß wie der von Importäpfeln aus Neuseeland.
Freilandtomaten aus Südeuropa wiederum punkten gegenüber deutschen Tomaten, die im beheizten Gewächshaus herangezogen wurden.
(Quelle: Stiftung Warentest)

Auch Bio kann punkten, wenn es um Nachhaltigkeit geht. Die gesunden, humusreichen Böden ökologisch bewirtschafteter Flächen binden mehr CO2 und können die Auswirkungen des Klimawandels wie Austrocknung oder Überschwemmungen besser regulieren. Bio-Betriebe setzen zudem weniger Pestizide und keine synthetischen Dünger ein.

Besonders hohe Emissionen verursachen Fleisch und tierische Lebensmittel – nicht nur wegen der vielzitierten Rinder-Rülpser, auch wegen des hohen Flächenbedarfs der Futterpflanzen, der auf Kosten natürlicher Wälder geht. Und auch wer nicht gleich auf vegane Ernährung umsteigen will, kann eine Menge tun. In vielen Familien gibt es einen oder mehrere Veggietage. Frisches Grün kommt auch bei Gemüsemuffeln an, wenn es geschickt präsentiert wird: Radieschenmäuse oder Paprika-Gurken-Sticks mit Dip bringen Farbe auf den Teller, ebenso eine Soße aus püriertem Gemüse zu den Lieblingsnudeln. Fleisch kann, etwa als Sonntagsbraten wie bei unseren Großeltern, wieder zu etwas Besonderem werden; Huhn und Schwein sind dabei weniger klimaschädlich als Rindfleisch. In vielen Rezepten lässt sich ein Teil der Milch oder Butter durch Pflanzendrink oder Margarine ersetzen, ohne dass man sich geschmacklich groß umgewöhnen muss. Und der Gesundheit tun wir damit sowieso etwas Gutes: Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt 300 bis 600 Gramm Fleisch pro Woche für einen Erwachsenen. Aber sind für Kinder tierische Lebensmittel nicht unerlässlich für das Wachstum? Eine DGE-Studie zu vegetarischer und veganer Ernährung bei Kindern und Jugendlichen von Ende 2020 stellte bei veganer, vegetarischer und Mischkost nur geringe Unterschiede in der Nährstoffversorgung fest. Eine rein vegane Ernährung empfiehlt die DGE für Heranwachsende dennoch nicht, befürwortet aber eine vegetarische Ernährung als Dauerkost bei Kindern und Jugendlichen.

Secondhand statt Fast Fashion

Nachhaltigkeit ist nicht nur bei der Ernährung ein Thema, auch bei anderen Alltagsdingen kann ein Umdenken viel bewirken. Im Kleiderschrank beispielsweise: Die Textilindustrie ist für einen großen Teil des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich. Statt also immer mal wieder spontan ein günstiges Teil aus der neuen Kollektion mitzunehmen – Stichwort Fast Fashion –, lohnt sich der wohlüberlegte Kauf gut verarbeiteter Basicteile nicht nur für die Umwelt, sondern zugleich für den Geldbeutel. Statt aber nun in wildem Aktionismus den Schrank auszuräumen und in bester Absicht neue bio- und fair-zertifizierte Textilien anzuschaffen, ist es wesentlich nachhaltiger, vorhandene Kleidung weiter zu nutzen – auftragen statt ausmisten also. Beim Neukauf ist auch Secondhand eine gute Wahl, besonders für Kinderkleidung: Gerade Babykleidung ist oft kaum getragen, die Schadstoffe sind ausgewaschen und die Kleinen sowieso schnell wieder herausgewachsen. Secondhand-Shops (manche Geschäfte sind sogar auf Kinderkleidung spezialisiert), Flohmärkte oder Bazare sind die Orte, wo den Dingen ein zweites Leben geschenkt wird.

Sind Papiertüten öko?
Papiertüten benötigen bei der Herstellung deutlich mehr Energie, Wasser und dazu Chemikalien und sind gesamtökologisch nicht besser als eine Kunststofftüte.
Tipp: Tüten – ob aus Papier oder Plastik – möglichst mehrfach benutzen. (Quelle: NABU)

Tauschen und Leihen

Manchmal muss man gar nicht kaufen, sondern profitiert von wechselseitigem Tauschen im Bekanntenkreis oder mit der Nachbarschaft. Da wandern dann Kinderklamotten ebenso wie altersspezifisches Spielzeug von Familie zu Familie und alle profitieren. Tauschen und Leihen funktioniert aber nicht nur im persönlichen Umfeld – die Idee der Sharing Economy zieht mittlerweile weite Kreise. Ob digital auf Internet-Plattformen für Car- oder Foodsharing oder ganz klassisch, wenn der Nachbarschaftsverein Gartengerät oder ein teures Werkzeug für alle anschafft: Das gemeinschaftliche Nutzen von Dingen ist eine gute Möglichkeit, das Konsumverhalten umweltfreundlicher zu machen. Gleichzeitig kommt man mit anderen Menschen in Kontakt und kann eine Menge Geld sparen. Auch ein Blick in Schenk-Plattformen oder Umsonst-Läden lohnt sich: Vielleicht will eine andere Familie etwas loswerden, was man selbst gerade gut gebrauchen kann. Beispiele für Darmstadt sind die Schenk-Tausch-Kiste des EAD (ead.schenk-tauschkiste.de) oder der Umsonst-Laden der Darmstädter Postsiedlung (umsonstladen.postsiedlung.de).

Die Dinge wertschätzen

Für die Generation unserer Großeltern war es selbstverständlich, Essen nicht wegzuwerfen. Zum Glück wächst auch heute wieder das Bewusstsein für einen wertschätzenden Umgang mit Lebensmitteln. Vieles ist auch nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums noch einwandfrei; also einfach den eigenen Sinnen trauen und schauen, schnuppern und schmecken, bevor das Joghurt oder die Kekspackung im Müll landet.
Initiativen wie „Zu gut für die Tonne“ liefern viele weitere Ideen, wie man Lebensmittelabfall vermeiden und Reste verwerten kann. Auch wer im Supermarkt an der Obst-und-Gemüse-Theke krumme Dinger, einzelne Bananen oder Äpfel mit kleinen Macken nicht links liegen lässt, trägt dazu bei, dass weniger in der Tonne und mehr auf dem Tisch landet.
Zu nachhaltigem Konsum gehört es auch, Produkte länger zu nutzen. Manches Spielzeug oder Gerät kann man noch reparieren, ohne dass die Funktionalität leidet. Und muss es wirklich immer das neue Handymodell oder die aktuelle Top-Küchenmaschine sein, wenn man stattdessen mit dem guten Gefühl belohnt wird, eine Menge Ressourcen zu sparen?

Wider den Verpackungswahnsinn

Viele Produkte, die wir kaufen, kommen nicht ohne Verpackung aus; sie dient dem Schutz vor äußeren Einflüssen oder ist nötig für den Transport. Oft sind Kunststoffschale, Plastiktüte und Co. aber auch überflüssig und können ohne Weiteres eingespart werden. Das schont Ressourcen, die für ihre Herstellung benötigt werden, und reduziert das Müllaufkommen. Die meisten von uns bringen inzwischen selbstverständlich ihre eigenen Einkaufstaschen in den Supermarkt mit oder haben Mehrwegnetze für Obst dabei. Noch mehr Müll lässt sich vermeiden, wenn wir Wurst, Fleisch und Käse an der Bedientheke kaufen und, falls möglich, sogar in eigene mitgebrachte Dosen einfüllen lassen. Zunehmend sind im Handel auch weitere Produktgruppen ohne Verpackung erhältlich. Vorreiter sind sogenannte Unverpackt-Läden – in Darmstadt zum Beispiel im Martinsviertel und in Bessungen (www.unverpacktdarmstadt.com). Dort kann man Nudeln, Reis, aber auch Molkereiprodukte, Aufstriche und Getränke in Mehrwegbehältnisse abfüllen. Stichwort Getränke: Bei diesem Thema ist das ökologische Einsparpotenzial groß – eine mehrköpfige Familie trinkt täglich einige Liter Flüssigkeit weg. Leitungswasser hat mit Abstand die günstigste Klimabilanz aller Durstlöscher, es kommt ohne Verpackung und Transportwege frei Haus. Wer auf Bitzel im Glas nicht verzichten mag, kann sein Wasser mit einem CO2-Sprudelgerät aufpeppen. Ansonsten gilt: Mehrwegflaschen gegenüber Einweg bevorzugen; regionale Marken trinken, weil sie kurze Transportwege haben; unterwegs den Kaffee to go im eigenen Becher oder im Pfandbecher genießen. Zero Waste ist auch im Drogeriebereich auf dem Vormarsch. Für festes Shampoo, Conditioner und Bodylotion braucht es keine Plastikflasche und durch ihre kleinere Form und das reduzierte Gewicht sparen die Produkte auch beim Transport CO2. Bei Putzmitteln findet man neben den schon länger vertrauten Konzentraten auch kompakte Reinigungs-Tabs. Zu Hause in Wasser gelöst, entstehen daraus im Handumdrehen Spülmittel, Badspray oder Allzweckreiniger. Alte Hausmittel wie Soda, Zitronen- und Essigsäure können zudem in vielen Fällen spezialisierte Chemiekeulen ersetzen.

Wie klimafreundlich ist Online-Shopping?
Wenn man Schuhe im Internet bestellt, verbraucht das weniger CO2, als wenn man sie in der Stadt mit dem Fahrrad einkauft, hat das Öko-Institut berechnet.
Denn Vor-Ort-Geschäfte verbrauchen Unmengen an Energie. Dazu kommen oft Pkw-Fahrten in die Stadt.
Aber:
Die günstige Klimabilanz nimmt Schaden, wenn viel retourniert wird, und die sozioökonomischen Folgen des Online-Shoppings (schlechte Arbeitsbedingungen im Lager und beim Versand, Verwaisen der Innenstädte) sind darin auch nicht eingerechnet.

Der Weg ist das (Klima-)Ziel

Dass es unter Umweltaspekten wenig Sinn macht, mit dem SUV zum Bio-Bauern zu fahren, leuchtet ein. Aber beim Einkaufen legen wir nun mal Wege zurück. Viele davon lassen sich zu Fuß oder mit dem Fahrrad bewältigen – vielleicht sogar mehr, als wir denken. In den Kinderanhänger passen auch Supermarkteinkäufe und ein solider Gepäckträgerkorb macht den Draht- zum Lastesel. Für den Wocheneinkauf können Sie sich ein Lastenrad ausleihen – und das sogar kostenlos: In Darmstadt stehen Heinerbikes – Lasten-E-Bikes, teilweise mit Kindersitz – an verschiedenen Standorten in der City bereit, seit April gibt es auch in Alsbach-Hähnlein vor dem Alnatura Markt zwei Exemplare (Info und Reservierung unter www.heinerbike.de). So kann immer öfter auf das Auto verzichtet werden. Und wenn es sich nicht vermeiden lässt, sollte man lieber einen Großeinkauf statt vieler kleiner Einkäufe planen oder beim Supermarkt vorbeifahren, wenn man sowieso unterwegs ist.

Recycling und Upcycling

Auf diese Weise lässt sich die Abfallmenge deutlich reduzieren. Damit die Verpackungen, die dann doch noch in der Tonne landen, sich auch gut recyceln lassen, können wir das tun, was im Ausland sowieso als typisch deutsch gilt: den Müll richtig trennen. Also – auch wenn es kleinlich klingt – den Deckel vom Joghurtbecher abziehen und die Brötchentüte ohne Sichtfenster ins Altpapier werfen. Stichwort Papiertonne: Fettige Pizzakartons, Backpapier und Thermo-Kassenzettel sind aber im Restmüll besser aufgehoben.

Mit etwas Kreativität kann aus Abfall auch Neues entstehen – und der gar nicht mehr so neue Trend Upcycling ist absolut familientauglich: In leeren Babygläschen lässt sich Marmelade einkochen, die Pralinenpackung wird zum Schatzkästchen. Konservendosen starten eine zweite Karriere als Stiftehalter und aus Milchtüten entstehen dekorative Blumentöpfe für die Fensterbank. So können Kinder zugleich spielerisch erleben, wie Nachhaltigkeit im eigenen Umfeld funktioniert, und lernen, die Dinge wertzuschätzen.

Gemeinsam zu erkunden und zu überlegen, wie man den ökologischen Fußabdruck der eigenen Familie verkleinern kann, ist eine spannende Herausforderung. Aber die Aufgabe, die Welt für unsere Nachkommen zu bewahren, fängt bei uns an. Hier und heute.

Web-Tipp

Den eigenen ökologischen Fußabdruck berechnen:
www.fussabdruck.de
(für Einsteiger) oder
www.footprintcalculator.org
(mit detaillierten Einstellmöglichkeiten)