Viele Mädchen kostet es etwas Überwindung, zum ersten Mal zu einer Frauenärztin oder einem Frauenarzt zu gehen. Dabei sind Gynäkologen sehr wichtige und vertrauensvolle Ansprechpartner, nicht nur, wenn es um Schmerzen oder Beschwerden geht. Ob Regelblutung, Verhütung oder Fragen zum weiblichen Körper, bei einem Frauenarztbesuch wird viel er- und geklärt.

Die meisten Mädchen gehen mit 16 Jahren das erste Mal zum Frauenarzt
Und irgendwann steht er ja wirklich jeder jungen Frau bevor. Die reine Krebsvorsorge erfolgt normalerweise ab dem 20. Lebensjahr – ab diesem Alter steigt statistisch gesehen das Risiko für Krebserkrankungen der weiblichen Geschlechtsorgane, wie beispielsweise Gebärmutterhalskrebs. Aber so lange warten junge Frauen mit dem Frauenarztbesuch normalerweise nicht. Die meisten gehen zum ersten Mal zum Gynäkologen, wenn sie etwa 16 Jahre alt sind. In diesem Alter wird das Thema Sex für viele wichtig und damit die Frage nach sicherer Verhütung. Laut Robert Koch-Institut (RKI) macht auch mehr als ein Viertel (26,6 Prozent) der Mädchen schon bis zum Alter von 15 Jahren zum ersten Mal sexuelle Erfahrungen.

Arzt oder Ärztin?
Empfehlung von der Mutter oder Tipp von Freundinnen?
Häufig gehen Mädchen zu der Frauenärztin oder dem Frauenarzt, bei der bzw. dem die eigene Mutter schon Patientin ist. Manche holen sich aber auch Tipps von Freundinnen, die schon einmal beim Gynäkologen gewesen sind. Deren Erfahrungen können wichtige Entscheidungshilfen sein. Viele Frauen gehen lieber zu einer Ärztin, weil sie denken, dass sie sich als Frau besser in weibliche Probleme „einfühlen“ kann. Schließlich besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass sie vieles aus eigener Erfahrung kennt. Allerdings ist es für eine medizinische Untersuchung nicht von Nachteil, etwas Abstand zu haben. Es spricht natürlich auch viel dafür, die Untersuchung von einem Mann durchführen zu lassen. Übrigens darf er nur untersuchen, wenn eine Arzthelferin mit im Raum ist. Ratsam ist es, aufs eigene Bauchgefühl zu hören: Eine offene und diskrete Atmosphäre und eine zugewandte Ärztin bzw. ein zugewandter Arzt machen es Mädchen nicht nur beim ersten Mal leichter, auch über schambehaftete Themen zu sprechen.

Sollten Eltern ihre Tochter möglichst früh motivieren, zum Frauenarzt zu gehen?
Jedes Mädchen sollte das selbst entscheiden. Wenn es keine Beschwerden, Probleme oder Fragen hat, besteht kein Anlass für eine gynäkologische Untersuchung in einem sehr frühen Alter, sagt Dr. Heike Dieterich-Taus. „Aber es ist gut, wenn Mädchen wissen, dass sie sich einer Frauenärztin oder einem Frauenarzt anvertrauen können“, meint die Darmstädter Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Und auch wenn mit Beginn der Regelblutung die Pubertät so richtig in Fahrt kommt, muss ein Mädchen nicht zwangsläufig gynäkologisch untersucht werden. Wann ein Frauenarztbesuch wichtig ist und wie die Untersuchung abläuft, erklärt Dr. Heike Dieterich-Taus im Gespräch mit fratz.

fratz im Interview mit Dr. Heike Dieterich-Taus

Die Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe bietet in ihrer Privatpraxis im Darmstädter Paulusviertel auch eine Teenagersprechstunde für Mädchen und junge
Frauen an.

„Für die erste gynäkologische Untersuchung gibt es keine feste Regel.“

Gibt es ein Alter, in dem Mädchen zum Frauenarzt gehen sollten?

Nein, das ist nicht wie bei den U-Untersuchungen, die zu festgelegten Zeiten, also in einem bestimmten Alter, gemacht werden müssen, um die Entwicklung des Kindes im Blick zu behalten. Für die erste gynäkologische Untersuchung gibt es keine feste Regel. Das richtet sich ganz nach den Mädchen selbst, ihren Beschwerden und Bedürfnissen. Haben sie Schmerzen oder andere Probleme, ist es in jedem Fall sinnvoll, das genauer zu untersuchen. Auch Kinder können schon Auffälligkeiten im Genitalbereich haben, etwa Juckreiz. Oft wird dann vermutet, das sei ein Scheidenpilz. Dabei sind häufiger Ekzeme die Ursache, beispielsweise bei Kindern, die unter Neurodermitis leiden. Das kann dann meist auch von Kinderärzten bzw. -ärztinnen gut behandelt werden. Sie können zudem einschätzen, ob es besser ist, mit diesen Beschwerden zum Gynäkologen zu gehen. Das kann man immer machen.

Wann empfehlen Sie Mädchen einen Besuch beim Frauenarzt?

Oft fragen mich Patientinnen, ob ihre Tochter nicht mal kommen soll, zum Beispiel, wenn sie ihre Periode bekommen hat. Dann hake ich immer nach, ob das Mädchen selbst das auch möchte oder ob es Beschwerden gibt. Die meisten Mädchen bekommen heute ihre Menstruation etwa mit elf oder zwölf Jahren. In der ersten Zeit ist die Periode häufig sehr unregelmäßig. Die Hormone müssen sich noch einpendeln und der Körper verändert sich. In dieser Phase passiert sehr viel. Das ist normal und in den überwiegenden Fällen kein Grund, sich Sorgen zu machen. Wenn ein Mädchen aber z.B. Schmerzen hat, die sich mit normalen Schmerzmitteln nicht lindern lassen, oder die Blutungen stark und belastend sind, kann es sinnvoll sein, das fachärztlich zu untersuchen. Wenn sich Mädchen für das andere Geschlecht interessieren, wird das Thema Verhütung akut. Dann ist es sehr sinnvoll, einen Termin zu machen, um sich beraten zu lassen. Auch wenn Jugendliche heute sehr aufgeklärt sind, kommen bei einem Frauenarztbesuch dann oft noch andere Fragen auf, nicht nur in Bezug auf Verhütung.

Was ist für Mädchen oft unangenehm?

Es ist normal, vor dem ersten Frauenarztbesuch nervös zu sein. Manchen ist es auch peinlich, sich auszuziehen und den Intimbereich zu zeigen. Andere haben Sorge, dass es wehtun könnte. Auch der gynäkologische Stuhl ist erstmal ein komischer Anblick. Darum finde ich es wichtig, sich bei einem Termin erstmal kennenzulernen. Dann erkläre ich ausführlich, was ich warum und wie untersuche und versuche dabei, den Mädchen mögliche Schamgefühle und auch Ängste zu nehmen. Viele sind wirklich gut informiert übers Internet, wie so eine gynäkologische Untersuchung abläuft, und sprechen sehr selbstbewusst über alles.

Sollte die Mutter zum ersten Frauenarztbesuch mitkommen?

Natürlich kann die Mutter oder auch der Vater mitkommen. Das muss das Mädchen selbst entscheiden dürfen. Für manche ist es angenehmer, wenn eine gute Freundin mitgeht. Das ist ja alles sehr intim, da ist es ganz wichtig, dass sich das Mädchen wohlfühlt. Zu zweit ist es manchmal auch einfacher, ins Gespräch zu kommen. Ich bin da ganz offen und stelle mich auf die Bedürfnisse der Mädchen ein.

Wie läuft der erste Termin ab?

Das hängt natürlich davon ab, warum eine junge Patientin zu mir kommt. Zunächst nehme ich mir immer viel Zeit. Viele Mädchen sind doch unsicher, was bei so einer Untersuchung auf sie zukommt. Da versuche ich, den Druck rauszunehmen und erstmal nur zu reden über eventuelle Beschwerden und den Körper, zum Beispiel über den Menstruationszyklus.Da gebe ich auch Informationsmaterial dazu mit. Junge Mädchen nutzen oft gerne eine Zyklus-App, mit der sie ihre Periode auf dem Smartphone eintragen. So bekommen sie ein besseres Gefühl für ihren Körper und lernen, ihn richtig zu verstehen. Beim ersten Mal ist eine Vaginaluntersuchung auf dem gynäkologischen Stuhl in der Regel nicht unbedingt nötig. Durch Abtasten vom Bauch oder auch einen Ultraschall von außen über die Bauchdecke kann ich schon viel untersuchen, also schauen, ob alles an der richtigen Stelle liegt und okay ist. Bei der Tastuntersuchung können auch der Schambereich, die Gebärmutter und die Eierstöcke abgetastet werden. Da gehe ich sehr sensibel vor, also bespreche mit den Mädchen, was ich warum untersuche und stoppe auch, wenn ich merke, dass ihnen etwas unangenehm ist. Oft geht es beim ersten Besuch dann tatsächlich um Verhütung. Da sage ich, was möglich ist und erfrage, welche Verhütungsmethode geeignet sein könnte. In dem Zusammenhang spreche ich auch immer das Thema AIDS und andere sexuell übertragbare Krankheiten an, vor denen man sich mit Kondom schützen sollte. Das ist nämlich etwas in Vergessenheit geraten.

Welche Verhütungsmittel finden Sie für junge Mädchen geeignet?

Es geht darum, sicher und zuverlässig eine Schwangerschaft zu verhindern. Grundsätzlich finde ich die Pille gut, weil man damit viele Freiheiten hat und es ein sehr großes Spektrum an Pillenwirkstoffen gibt, man also eine Auswahl hat und die Hormongabe sehr individuell steuern kann. Natürlich gibt es auch andere Verhütungsmethoden, aber eine vergleichbar sichere Alternative bietet eigentlich nur die Spirale. Bei sehr jungen Frauen sollte man da vorsichtig sein. Es kann nämlich zu aufsteigenden Infektionen und dramatischen Folgen wie späterer Unfruchtbarkeit kommen. Das muss man dann genau abwägen.

Gibt es besondere Impfungen für Mädchen?

Humane Papillomviren (HPV) zählen zu den häufigsten sexuell übertragbaren Erregern. Aus einer Infektion mit diesen Viren kann sich im Laufe der Zeit Krebs entwickeln, vor allem am Gebärmutterhals. Eine Impfung kann vor den gefährlichsten HPV-Typen schützen, etwa auch vor Papillomviren, die Feigwarzen im Genitalbereich auslösen können. Diese Warzen sind zwar ungefährlich, können aber sehr unangenehm werden. Die HPV-Impfung wird vor dem ersten Geschlechtsverkehr empfohlen, für Mädchen im Alter von 9 bis 14 Jahren – übrigens mittlerweile ebenso für Jungen. In dem Alter wird die HPV-Impfung von den Krankenkassen gezahlt. Verpasste Impfungen können auch noch später nachgeholt werden, bis zum 18. oder sogar 26. Lebensjahr. Dann werden die Kosten von verschiedenen gesetzlichen und privaten Krankenkassen übernommen, da muss man sich informieren.

Kontakt: Privatpraxis für Gynäkologie & Geburtshilfe,
Dr. med. Heike Dieterich-Taus, Herdweg 61,
64285 Darmstadt, Tel. 0 61 51 - 66 735 10, www.dt-gynpraxis.de

Gut zu wissen

Beim ersten Frauenarztbesuch steht oft das Gespräch im Vordergrund. Nicht immer ist eine Untersuchung der Vagina (Scheide) auf dem gynäkologischen Stuhl notwendig.

Die körperliche Untersuchung besteht aus mehreren Teilen:

• Bei der Tastuntersuchung werden die Schamlippen, die Gebärmutter und die Eierstöcke abgetastet.
• Bei der Ultraschalluntersuchung wird eine Sonde durch die Vagina (Scheide) eingeführt, um die Gebärmutter und die Eierstöcke zu untersuchen. Diese Untersuchung kann auch von außen über die Bauchdecke durchgeführt wer- den, z.B. wenn ein Mädchen noch keinen Geschlechtsverkehr hatte.
• Beim Abstrich entnimmt die Ärztin oder der Arzt mit einem Wattestäbchen Zellmaterial aus der Vagina (Scheide), vom Gebärmuttermund oder dem Gebärmutterhals.
• Bei der Brustuntersuchung tastet der Arzt oder die Ärztin beide Brüste und die Achselhöhlen ab.

Quelle: www.loveline.de/themen/maedchen/frauenaerztin-frauenarzt/die-untersuchungen/

Wie ist das mit der Schweigepflicht?

Müssen Frauenärztinnen und -ärzte die Eltern informieren, wenn deren minderjährige Tochter einen Termin ausmacht, um sich z.B. die Pille verschreiben zu lassen?

Grundsätzlich sind auch Frauenärztinnen und -ärzte zur Verschwiegenheit verpflichtet, auch einer minderjährigen Patientin gegenüber. Sie haben aber einen Ermessensspielraum, denn aus rechtlicher Sicht ist hierbei die sogenannte Einwilligungsfähigkeit ausschlaggebend. Damit ist gemeint, dass ein minderjähriges Mädchen von der Persönlichkeit her als so reif eingestuft wird, dass es erfassen kann, was eine Behandlung oder etwa die Verschreibung der Pille als Verhütungsmittel bedeutet. Das muss der Frauenarzt bzw. die Frauenärztin sorgsam einschätzen. Denn es gibt auch ein elterliches Erziehungs- und Sorgerecht, das mit dem Recht auf ärztliche Schweigepflicht abgewogen werden muss. Gerade wenn bei der Verschreibung von Verhütungsmitteln ist das
keine einfache Entscheidung. Denn dabei geht es nicht nur um moralische Aspekte, sondern auch um die Gesundheit: hormonelle Verhütungsmittel haben Nebenwirkungen und Risiken. Ob die Eltern informiert werden, muss der Arzt entscheiden. Mädchen ab 16 Jahren können sich die Pille ohne Einverständniserklärung der Eltern verschreiben lassen.