Von Monika Klingemann
Spielend lernen und Selbstvertrauen entwickeln
Bei Kindern sind Spielen und Lernen zwei Seiten ein und derselben Medaille. Beim Spielen lernen sie nicht nur Neues kennen, sondern probieren Erlerntes immer wieder aus, bis sie es beherrschen. Dabei üben sie Verhaltensweisen, die ihre geistige, motorische, kreative und praktische Entwicklung fördern. Gerade weil es aus Eigeninitiative geschieht, ist dieses Lernen so wirkungsvoll. Dabei klappt natürlich nicht alles auf Anhieb. Die Murmel bleibt nicht auf der Bahn, der Sandkuchen zerkrümelt, der Ball landet nicht im Korb. Auch der Umgang mit Misserfolgen oder Enttäuschungen will gelernt sein, aber mit den wachsenden Fähigkeiten steigen Stolz und Selbstvertrauen. So legt Spielen den Grundstein für ein positives Selbstbild und dafür, ob ein Kind sich später etwas zutraut, ob es Aufgaben kreativ anpackt oder frühzeitig resigniert.
Rollenspiele und Miteinander
Es gibt viele verschiedene Formen von Spiel, und alle fördern unterschiedliche Aspekte der Persönlichkeit. Rollenspiele etwa stärken das seelische Gleichgewicht noch auf andere Weise. Hier können Kinder Lebenserfahrungen darstellen und verarbeiten. Der anstehende Besuch beim Kinderarzt wird mit den Stofftieren „durchgespielt“; beim Vater-Mutter-Kind-Spiel mit dem Nachbarskind finden sich die Eltern fast wörtlich zitiert. So können Kinder Erlebnisse selbst in Szene setzen, die vorher beängstigend erschienen. Das sorgt für emotionale Ausgeglichenheit. Spätestens ab dem Kindergartenalter lernen Kinder auch miteinander zu spielen, statt nur nebeneinander her. Hier werden die Grundlagen für soziales Verhalten gelegt. Und das Kind lernt: Die kleine Schwester weint, wenn ich ihr das Holzauto wegnehme – ich kann ihr dafür den Ball anbieten – wir können beides gemeinsam die Rampe runterrollen lassen: So entwickeln Kinder Einfühlungsvermögen, lernen Konflikte auszutragen und Kompromisse zu finden. Sie üben sich darin, den eigenen Standpunkt zu vertreten, aber auch Regeln einzuhalten. Wenn beim Staudamm-Bauen am Bach oder bei Völkerball im Hof mehrere Kinder zusammenkommen, werden Kommunikation und Kooperation immer wichtiger. Vertrauen und Verantwortungsbereitschaft sind gefordert, und der Lohn ist oft ein sehr befriedigendes Gemeinschaftsgefühl.
Die Rolle der Eltern
Wer Kinder hat, wird zum Mitspielen herangezogen, ob er oder sie will oder nicht. Dabei gibt es ganz unterschiedliche Elterntypen. Da sind die Spaßorientierten, die begeistert jeden Quatsch mitmachen; es gibt die pädagogisch Ambitionierten, die den didaktischen Mehrwert im Hinterkopf haben. Die Tiefenentspannten und die Perfektionisten, deren Materialkiste für alle Eventualitäten gerüstet ist. Im Idealfall ergänzen sich die Eltern oder auch Großeltern, sodass das Kind eine Vielzahl von Anregungen erhält. Wichtig ist, dass wir Erwachsenen beim Spielen auch bei der Sache sind: Wenn wir uns auf die Spielideen der Kinder einlassen, dann bekommt das gemeinsame Tun auch bei begrenztem Zeitbudget eine Intensität, die wir genießen werden. Kinder erwarten aber nicht, dass wir wie ein Animateur ein fertiges Spielprogramm abarbeiten. Das würde sie eher einschränken; sie möchten lieber frei und selbstbestimmt spielen. Eltern können dagegen punkten, indem sie kleine Anstöße liefern, wenn aus der Langeweile mal partout keine neue Spielidee entstehen will. Unverzichtbar sind sie auch als Publikum, bei dem das Kind Anerkennung findet, wenn es stolz seine Ideen präsentiert.
Zeit und Raum zum Spielen bieten
Wofür wir Eltern auch sorgen können und müssen, sind die richtigen Rahmenbedingungen. Zum einen zeitlich. So anregend Freizeitaktionen wie Kinderturnen und Musikerziehung sein mögen: Allzu viele feste Termine sollten nicht im Kinderkalender stehen, damit noch genug Zeit bleibt für freies Spielen. Räumlich ist bei den meisten sicher das Kinderzimmer der wichtigste Spiele-Schauplatz. Es muss da nicht gleich aussehen wie in der Kita, mit unterschiedliche Spielzonen wie Puppen- oder Bauecke. Aber wenn die wichtigsten Spielsachen systematisch und gut erreichbar platziert sind, ist das eine Erleichterung für Große und Kleine.
Spielen geht manchmal mit Durcheinander einher: Oft entstehen kreative Ideen erst, wenn Legokiste und Schleichtiere richtig schön durchmischt sind. Höhlenbau funktioniert im mitteleuropäischen Herbst am besten im Wohnzimmer und die ausgeräumte Kochlöffel- und Plastikdosen-Schublade in der Küche ist für ein Kleinkind das Spieleparadies. Tipp für Familien, die viel Spielzeug und/oder wenig Platz haben: Räumen Sie ab und zu mal ein paar Kisten in den Keller oder auf den Schrank – nach einigen Wochen sind die Sachen wieder attraktiv. Und „Zeug zum Spielen“ – wie die Küchenutensilien fürs Krabbelkind – ist oftmals genauso begehrt und sinnvoll wie hochoffizielles „Spielzeug“ aus dem Fachgeschäft.
Gesellschaftsspiele für Große und Kleine ausprobieren, gemeinsam spielen und (gegen eine geringe Gebühr) auch ausleihen:
Seit einem Jahr gibt es dafür das Spielezentrum in der Rheinstraße in Darmstadt. Getragen vom Spielekreis Darmstadt e.V., geöffnet Dienstag, Donnerstag und Samstag nachmittags,
Infos unter www.spielezentrum-darmstadt.de
Event-Tipp: „Darmstadt spielt“ am 18./19. November
Kostenlose Spieleausleihe mit über 1000 Spielen, Turniere, Verlagsstände, Spieleflohmarkt – Hessens größtes Familienspielefest macht das darmstadtium ein Wochenende lang zum Paradies für alle Spielebegeisterten.