Kinder lieben Tiere! Denn sie haben uns Menschen gegenüber einige entscheidende Vorteile: Sie werten nicht, mögen einen so, wie man ist und sind treue Freunde. Dies macht sich die tiergestützte Therapie zu Nutze, um z.B. Sprache, Motorik oder psychische Auffälligkeiten bei Kindern zu therapieren. Der Einsatz von Hunden und Pferden ist besonders verbreitet.

„Man kann nicht nicht kommunizieren“

Wie der Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick feststellte, hat jedes Verhalten Mitteilungscharakter: Man kann nicht nicht kommunizieren. Auch durch non-verbales Verhalten teilt man seinem Gegenüber etwas mit. Dieser Grundsatz bildet auch die Basis für die Kommunikation zwischen Mensch und Tier.

Der Einsatz von Hunden: Eine Brücke zum Therapeuten

Therapiehunde werden sowohl bei Kindern mit Körperbehinderungen als auch in Bereichen, in denen Verbalkommunikation schwierig ist (z.B. Gehörlosigkeit, Autismus, Sprachstörungen- und barrieren), eingesetzt. Rhea Materne-Blake arbeitet in ihrer Praxis für Logopädie mit zwei Golden Retrievern – Nela und Jule. Da Hunde einen hohen Aufforderungscharakter besitzen und Interaktion fordern, erleichtern sie den Zugang zum kleinen Patienten. Frau Materne-Blake beobachtet es täglich in ihrer Praxis: Die Anwesenheit der Hunde ist zunächst entlastend, da die Kinder nicht gleich Kontakt zu der Therapeutin aufnehmen müssen. Die Kinder kommen nicht nur mit sprachlichen Beeinträchtigungen in die Logopädie-Praxis, sondern bringen häufig auch soziale und psychische Probleme mit. Daher kann die Kontaktaufnahme zum Hund manchmal sehr zögerlich sein. Frau Materne-Blake berichtet von einem stotternden 9-jährigen, der in einer sehr bedrückenden familiären Situation lebte.

Anfangs hatte er große Angst vor Nela, die deshalb in ihrem verschließbaren Gehege blieb. Das Kind brauchte die Gewissheit, dass die Therapeutin es wirklich schützen würde, dann traute es sich zunehmend die Annäherung an den Hund zu. Der Junge schaffte es schließlich, Nela Leckerchen aus der Hand zu geben, sie zu streicheln und sich sogar mit dem Kopf auf den Hund zu legen. Mit zunehmendem Selbstbewusstsein setzte er sich immer sicherer mit seiner Sprechstörung auseinander und ließ sich auf die Therapie ein.

Der Hund als Übungspartner

In der Praxis von Frau Materne-Blake sind Hunde regelmäßig Übungspartner: Sie würfeln, gehen mit Einkaufen, freuen sich über Parcours, die gemeinsam mit den Kindern geplant und besprochen werden. Außerdem lassen sich bestimmte Wortgruppen gut mit den Hunden erarbeiten: Ist das Leckerchen auf, unter oder hinter dem Stuhl? Im oder vor dem Puppenwagen?

Jeder Hund ist anders

Jedes Tier besitzt eigene Charaktereigenschaften. Darum müssen Hunde für die Therapie ausgebildet werden. Im Idealfall beginnt diese Ausbildung bereits im Welpenalter, da die Arbeit als Therapiehund dem Tier einiges abverlangt: Emotionen und Stimmungsschwankungen des Gegenübers, Bedrängung, Schmerzzufügung (z.B. durch motorisch ungeschickte Patienten) und ungewohnte Reize. Laut Frau Materne-Blake kommt es vor allem auf den Hund selber an, nicht so sehr auf die Rasse. Der Hund müsse möglichst angstfrei und zuverlässig sein und ruhig reagieren bzw. sich im Schutzreflex zurückziehen.

Der Einsatz von Pferden: Das Glück dieser Erde…

… liegt auf dem Rücken der Pferde. Beim Therapeutischen Reiten unterscheidet man u.a. zwischen Hippotherapie und heilpädagogischem Reiten und Voltigieren. Hippotherapie ist im Grunde genommen Physiotherapie mit dem speziell ausgebildeten Pferd. Eingesetzt wird sie bei körperlichen Einschränkungen, vor allem bei neurologischen Bewegungsstörungen (Autismus, Hirnschäden, Schlaganfällen usw.). Das Reiten bildet die Basis, das Pferd wird vom Therapeuten im Schritt geführt. Beim heilpädagogischen Reiten und Voltigieren werden Kinder und Jugendliche mit Verhaltensauffälligkeiten, wie (psycho-) sozialen Problemen, behandelt. Hier steht nicht das Reiten selber im Vordergrund, sondern die Interaktion zwischen Mensch und Tier. Ein Pferd reagiert unmittelbar auf das menschliche Verhalten. Zeigt das Pferd seinem Reiter Grenzen auf, muss der Reiter sein Verhalten also ändern. Kinder sind dem Pferd gegenüber eher zu einer Verhaltensänderung bereit.

Tiere können gute Motivatoren sein und die Therapie erleichtern. Da Tiere nicht werten, sind Kinder eher zu einer Verhaltensänderung bereit. Das funktioniert allerdings nur, wenn Interesse an dem Tier und keine zu großen Ängste vorhanden sind. Als Expertin für die hundegestützte Therapie haben wir mit Rhea Materne-Blake gesprochen. Sie ist staatlich anerkannte Logopädin und arbeitet mit ihren zwei Golden Retriever Hündinnen nach der sog. Steinfurter Therapiebegleithundmethode in ihrer Praxis in Pfungstadt. Die logopädische Therapie (auch mit Einsatz des Hundes) wird von der Krankenkasse bezahlt.