„Die Jugendverkehrsschule, sind das nicht die, die immer mit den Kindern mit den Fahrrädern durch die Gegend fahren“?

Von Ralf Drexelius

Evelyn Sniegon und Andreas Teigesser

Dies ist sehr häufig die Aussage die ich von Bürgerinnen und Bürgern bekomme, die mir die Frage stellen, was ein Verkehrserzieher, eben dieser Jugendverkehrsschule so macht.
Nun möchte ich in meiner Eigenschaft als Leiter der Jugendverkehrsschulen im Polizeipräsidium Südhessen etwas Licht ins Dunkel bringen und mit diesem Artikel dafür sorgen, dass deutlich wird, welche Aufgaben von einem Verkehrserzieher tatsächlich wahrgenommen werden.

Natürlich haben die Menschen Recht, wenn sie sagen, dass die Jugendverkehrsschulen die Fahrradausbildung in der Grundschule durchführen. Denn dies ist die Hauptaufgabe, die sogar durch einen Erlass zur Verkehrserziehung ganz klar geregelt ist. Übrigens beginnt die Radfahrausbildung erst im vierten Schuljahr, da komplexe Regeln wie etwa die Vorfahrtregeln oder auch das Linksabbiegen für jüngere Schüler einfach zu schwer bis gar nicht zu verstehen sind. Bei dieser Ausbildung werden neben den Grundschulen übrigens auch Lernhilfeschulen, Sprachheilschulen und Schulen für praktisch Bildbare berücksichtigt.

In den fünf vorgesehenen Übungseinheiten werden den Kindern die wichtigsten Verhaltensregeln im Straßenverkehr näher gebracht und am Ende müssen die Schüler dann bei Fahrten im Straßenverkehr nachweisen, was sie während der Ausbildung gelernt haben. Eine Aufgabe der Verkehrserzieher ist es dann auch, die Kinder zu beurteilen und die Eltern über vorhandene Defizite zu informieren.

Im Polizeipräsidium Südhessen gibt es insgesamt neun Jugendverkehrsschulen von denen einige stationäre Schulen sind, was bedeutet, dass sie einen eigenen Übungsplatz und einen eigenen Unterrichtsraum haben. In der Jugendverkehrsschule Darmstadt wurde 2022 ein neues Unterrichtsgebäude gebaut und eröffnet.
Andere Jugendverkehrsschulen sind mobil, was bedeutet, dass die Arbeit dann auf den Schulhöfen der Schulen oder sonstigen geeigneten Flächen stattfindet. Als Besonderheit ist etwa zu erwähnen, dass in der Jugendverkehrsschule Groß-Gerau im Januar die Beschulung in einer Sporthalle angeboten wird. Die Beschulungspläne für das gesamte Schuljahr erstellen die Kollegen ebenso selbst wie die Statistiken der erbrachten Arbeit. Pro Jahr werden weitaus mehr als 10.000 Kinder aus deutlich über 500 Schulklassen durch 19 Verkehrserzieher betreut! Die Tendenz ist hier steigend!

Da die Schulen in der Regel bis spätestens 13 Uhr beschult werden (manchmal wird es auch später oder es gibt in Ausnahmefällen Nachmittagsunterricht) bietet der Nachmittag dann Zeit für weitere Aufgaben.

Die zweite sehr bedeutende Aufgabe ist die Verkehrserziehung für Vorschulkinder in den zahlreichen Kindergärten. Hier wird den 5–6 jährigen Kindern das richtige Verhalten eines Fußgängers im Straßenverkehr vermittelt. Diese Aufgabe ist eine sehr sensible Angelegenheit, ist es doch in der Regel der erste Kontakt der Kinder mit der Polizei. Bei dieser Arbeit haben die Kollegen spezielle Programme für sich zusammengestellt, um möglichst effektiv, aber auch unterhaltsam viele Kenntnisse an die Kinder weiter zu geben! Auch hier erfolgen nach der Theorie praktische Übungen im Straßenverkehr, bei denen die Kinder das eben Gelernte direkt anwenden müssen.
Insbesondere im ersten Halbjahr stehen hier sehr viele Unterrichtseinheiten in den Kindergärten auf dem Programm, bei denen auch die Arbeit der Polizei ein wenig erklärt und natürlich auch das Polizeiauto sehr interessiert begutachtet wird.

Obwohl ja immer von der Jugendverkehrsschule die Rede ist, werden neben Kindern und Jugendlichen auch Senioren betreut. Bei diesen Veranstaltungen, die nicht alle Verkehrserzieher anbieten geht es darum, den älteren Menschen Hilfe zur Selbsthilfe für das richtige Verhalten im Straßenverkehr zu bieten.


Vor allen Dingen sollen die älteren Autofahrer für Gefahren im Straßenverkehr sensibilisiert und zu einem verantwortungsvollen Umgang mit dem eigenen Fahrzeug motiviert werden. Aber auch ältere Menschen die als Fußgänger oder Radfahrer unterwegs sind, werden in den angebotenen Veranstaltungen geschult!
Darüber hinaus werden in einigen Jugendverkehrsschulen spezielle Angebote für die Eltern der Schüler und Kindergartenkinder angeboten, damit die Eltern auch merken, dass die Hauptverantwortung bei ihnen und nicht den Institutionen wie Schule, Kindergarten oder Polizei liegt. Doch damit nicht genug, denn auch die Lehrer werden in einigen Jugendverkehrsschulen in Informationsveranstaltungen beraten.

Ein weiteres sehr bedeutendes Arbeitsfeld ist die Arbeit mit behinderten Menschen die in speziellen Programmen ebenfalls den richtigen Umgang mit dem Fahrrad oder Dreirad erlernen. Solche Beschulungen finden auch in den Ferien statt. Hier ist es wichtig, dass kontinuierlich gearbeitet wird und ein Wiederholungseffekt eintritt, damit das erworbene Wissen auch in Erinnerung bleibt.

Ein großes Augenmerk legen die Verkehrserzieher auch auf die motorischen Fähigkeiten der Kinder. In speziellen Übungseinheiten, die zum Teil auch in den Ferien stattfinden, werden vor allem die etwas schwächeren Teilnehmer besonders geschult, damit später im Straßenverkehr auch einhändiges Fahren und der extrem wichtige Schulterblick funktionieren.

Außerdem bilden die Verkehrserzieher „Eltern- und Schülerlotsen“ aus, die dann für die Sicherheit der Schulkinder sorgen.

„Echte“ Polizeiarbeit leisten die Verkehrserzieher übrigens auch, da wir oft in polizeiliche Einsatzmaßnahmen, wie Fußballspiele und Demonstrationen eingebunden sind.

Ralf Drexelius
Polizeihauptkommissar
Leiter Jugendverkehrsschulen

Direktion Verkehrssicherheit / Sonderdienste

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