Ob es um ein Ein- oder Mehrfamilienhaus geht, ist gar nicht relevant, für die Rechte und Pflichten der Nachbarn untereinander macht das keinen Unterschied.

Energetische Modernisierung und Nachbarrecht

Bei der energetischen Modernisierung ist das Aufbringen einer Wärmedämmung auf der Fassade des Hauses ein typischer Baustein. Ob der Eigentümer dies jedoch darf, wenn die Fassadendämmung dann in das Grundstück ragt, weil schon die Hauswand an die Grundstücksgrenze gebaut ist, beschäftigt die Gerichte immer wieder. Bis vor zehn Jahren galt dies als Beeinträchtigung des Eigentums des Nachbarn und war untersagt. Darauf führten viele Bundesländern eine entsprechende Duldungspflicht des betroffenen Nachbarn in das Nachbarrechtsgesetz des Landes ein. Danach muss der Nachbar eine Wärmedämmung des Nachbarn dulden, wenn:

• die anzubringende Wärmedämmung über die Anforderungen der Energiesparverordnung des Bundes nicht hinausgeht,

• eine vergleichbare Wärmedämmung auf andere Weise mit vertretbarem Aufwand nicht vorgenommen werden kann,

• die Wärmedämmung an eine einseitige Grenzwand angebracht wird,

• die Benutzung des betroffenen Grundstücks nicht oder nur geringfügig beeinträchtigt wird und

• öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen.

Am 01.10.2019 hat das Bayerische Oberste Landesgericht diese Durchsetzungsmöglichkeit – für Bayern – beschränkt. Eine Außendämmung soll nur zulässig sein, wenn eine Innendämmung ohne Einschränkungen für den Eigentümer nicht möglich ist. Begründet wurde dies damit, dass dem Gesetz kein Vorrang der Außendämmung zu entnehmen sei. Dies sei in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen. Das Urteil enthält mithin keine allgemein gültige Entscheidungsgrundlage. Sollte diese Rechtsprechung auch in Hessen gesprochen werden, gibt es – derzeit – keine Rechtssicherheit, ob nachträglich eine Wärmedämmung an der Außenfassade zum Nachbargrundstück aufgebracht werden darf oder nicht. Bei Neubauten gilt nach BGH heute schon, dass das Bauwerk so zu erreichten ist, dass dieses bei Fertigstellung mit Wärmedämmung und Putz nicht über die Nachbargrenze ragen darf.

Hammerschlags- und Leiterrecht

Das Nachbarrecht regelt daneben auch das Betreten des Nachbargrundstücks, wenn dies zur Errichtung, Veränderung, Renovierung oder dem Abriss eines Gebäudes erforderlich ist. Sind die Voraussetzungen erfüllt, muss der Nachbar das Aufstellen eines Gerüstes oder das Lagern der Materialien auf seinem Grundstück dulden.

Die Voraussetzungen hierfür sind nicht sehr hoch. Das Bauvorhaben

• muss den baulichen Vorschriften entsprechen,

• kann anders nicht zweckmäßig oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten durchgeführt werden, und

• die mit der Duldung verbundenen Belästigungen des Nachbarn sind nicht unverhältnismäßig.

Ist das alles erfüllt, sind die Arbeiten dem Nachbarn mit einer Frist von mindestens zwei Wochen vorher anzukündigen. Bei der Nutzung des Grundstücks des Nachbarn ist äußerste Rücksicht zu nehmen, verursachte Schäden sind zu ersetzen.

Pflanzen

An der Grundstücksgrenze müssen Pflanzen abhängig von ihrer Wuchshöhe mit Mindestabständen zur Nachbargrenze gesetzt werden. Pflanzen, die als Hecken gesetzt und gepflegt werden, müssen mind. 0,25 Meter Abstand von der Nachbargrenze halten, wenn sie bis 1,2 Meter hoch werden. Der Abstand beträgt 0,50 Meter bei einem Wuchs bis zu 2 Metern und mindestens 0,75 Meter bei einem  Wuchs höher als 2 Meter. Andere Pflanzen als Hecken müssen 0,5 Meter bis 4 Meter Abstand von der Nachbargrenze einhalten, der Abstand hängt von der typischen Wuchshöhe ab und ergibt sich aus der exemplarischen Aufzählung im Gesetz. Werden die Grenzabstände nicht eingehalten, kann der Nachbar fünf Jahre lang die Entfernung der Pflanze verlangen. Versäumt er die Frist, kann er nun noch verlangen, dass die Pflanzen auf die zulässige Höhe zurückgeschnitten werden.

Wir empfehlen Ihnen das Gespräch mit Ihrem Nachbarn. Bleibt dieses aber erfolglos, holen Sie sich rechtzeitig fachkundigen Rat ein.

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Thorsten Harnack