Wie können sie ihre Kinder beim Spracherwerb bestmöglich unterstützen? Die Antwort liegt in der bewussten Gestaltung echter Kommunikation – durch Vorlesen, Erzählen und aufmerksames Zuhören.

Wenn Eltern mit ihren Kindern sprechen, vorlesen oder gemeinsam Geschichten erfinden, geschieht weit mehr als Wissensvermittlung. Diese Momente schaffen emotionale Nähe, denn Vertrauen und Bindung sind das Fundament jeder Erziehung und zudem wichtig für die sprachliche und geistige Entwicklung.

Kinder erleben Sprache in ihrer ganzen Vielfalt, mit Betonung, Mimik und Gestik, mit Streiten und Versöhnen, mit Missverständnissen und Diskussionen. Sie lernen, Fragen zu stellen, Erlebnisse zu verarbeiten, Gefühle auszudrücken und die Welt zu verstehen. Sie eignen sich Wissen an, stellen Bezüge her, lernen selbst zu denken und kritisch zu hinterfragen.

Dabei ist es völlig unwichtig, ob jemand flüssig liest oder mit einem Akzent spricht! Für Kinder zählt nicht die perfekte Vortragskunst, sondern die ungeteilte Aufmerksamkeit und gemeinsame Entdeckungsreise durch Geschichten. Gerade wenn Eltern auch mal ins Stocken geraten, zeigen sie: Lernen ist ein lebenslanger Prozess. Diese Authentizität schafft Vertrauen und ermutigt Kinder, ohne Angst vor Fehlern Neues zu wagen. In Zeiten von Leistungsdruck und einer fragwürdigen Fehlerkultur ganz bestimmt eine wichtige Eigenschaft.

Bildschirmmedien können den Spracherwerb durchaus unterstützen und den Horizont erweitern, aber bitte nur als Ergänzung. Werden Bilderbücher auf dem Tablet oder Vorlese-Apps genutzt, bleibt immer der sogenannte „Bildschirmunterlegenheitseffekt“. Das bedeutet, dass das Gerät mit seinen Features samt möglicher Tools und Effekte die Aufmerksamkeit mehr bindet als die Geschichte selbst. Auch wird auf dem Display oberflächlicher gelesen und man ist sich zu früh sicher, Texte verstanden zu haben.
Medienkompetenz ist wichtig, ohne Frage, aber davor steht eigenständiges Denken. Und das geht einher mit dem Spracherwerb und für den sind die Eltern als erste Bezugspersonen verantwortlich.

Problematisch wird es nämlich, wenn Handys, Tablets und Fernseher die direkte Kommunikation verdrängen. Denn zu intensive Mediennutzung kann zu Entwicklungsverzögerungen führen – vom eingeschränkten Wortschatz bis zu Schwierigkeiten, eigene Gedanken auszudrücken.

Fakt ist nämlich: Je häufiger und je intensiver Eltern in den ersten drei Jahren mit ihren Kindern sprechen, desto besser entwickelt sich die Sprache bei den Kindern. Ihr Wortschatz erweitert sich um ein Vielfaches und stellt eine wichtige Voraussetzung für den späteren Bildungsweg und die persönliche Entwicklung dar. Denn Sprache ist und bleibt das wichtigste Kommunikationsmedium, vor allem im digitalen Zeitalter.

Ilona Einwohlt für MuK Hessen e.V.