Mal abgesehen von leidigen Themen wie Aufräumen und Abwaschen verhandeln wir ständig Dinge wie Medienzeit, Kinobesuche oder Übernachtungspartys, weil Eltern und Nachwuchs nicht immer einer Meinung sind. Das ist normal und mitunter anstrengend – und unglaublich wichtig für die persönliche Entwicklung der Kinder.
Wenn ich nicht lerne, dass es okay ist, für meine Sache einzustehen und mit Argumenten dafür zu kämpfen, kann ich mich auch nicht gut vor anderen in Diskussionen behaupten. Wenn ich in der Familie nicht lerne, Konflikte klar anzusprechen und zu lösen, werde ich immer hintenrum agieren, heimlich lästern und mich in unfaire Machtkämpfe verstricken. Oder unter Streitereien leiden, eine niedrige Frustrationstoleranz entwickeln und mich ständig als Opfer fühlen.
Insbesondere Mädchen lernen oft immer noch braves und angepasstes Verhalten und lieber mal still zu sein, anstatt für ihre Meinung einzustehen. Jungs wiederum ist selbst die Spaßkloppe auf dem Schulhof versagt. Wenn dann doch mal all die angestaute Langeweile und Wut aus den Kindern herausbricht, ist schnell von Zickenkrieg und Rabaukentum die Rede. Kinder, die sich wiederum nicht zu wehren wissen, leiden unter den Aggressor*innen und werden schnell zu Opfern unfairer Mobbingattacken.
Übertragen sich diese Mechanismen ins Netz, sprechen wir von Cybermobbing und Hassrede, angestaute Wut und Frust entlädt sich. Ganz schnell kann sich dann aus einem missverstandenen Kommentar ein Shitstorm entzünden, der den Beteiligten das Leben zur Hölle macht. Und leider geht es dabei längst nicht um den Austausch von Argumenten, sondern um die Frage: Wer beleidigt wen am besten?! Einmal entfesselt, bahnen sich die unglaublichsten Hasstiraden ihren Weg, anonym und auf Distanz lässt es sich eben leichter lästern.
Doch Hass ist keine Meinung und hat mit dem Austausch von Argumenten nichts zu tun. Um so wichtiger ist es wertschätzendes Verhalten im Miteinander zu lernen und andere Meinungen zu respektieren lernen. Im Zweifelsfall ist aber auch Durchsetzungsvermögen gefragt, denn auch das gehört bei allem Respekt dazu.
Leichter gesagt als getan angesichts der Vielfalt an Meinungen und Möglichkeiten, die täglich auf einen einprasseln. Doch letztlich bleibt uns nichts anderes übrig, als lernen, Konflikte auszuhalten und daran zu reifen.
Ilona Einwohlt für MuK Hessen