Während seine Kumpels auf dem Fußballplatz bolzen oder vor der Spielekonsole sitzen, ist der Viertklässler auf der Suche nach Baumaterial für seine nächste Erfindung.

Richtig gelesen: Liang hat in seinen jungen Jahren bereits Innovationen konstruiert und wurde dafür sogar ausgezeichnet, beim Regionalwettbewerb von „Schüler experimentieren“ Hessen Bergstraße. Das ist die Juniorsparte von „Jugend forscht“ und richtet sich an kleine Forscher bis 14 Jahre. Liang gehört zu den jüngsten Teilnehmern, ist im Interview aber schon reflektierter als so mancher Erwachsene.

Seine Erfindung, ein Gießroboter, diente nämlich nicht nur dem Spaß oder dem Wunsch nach Ruhm, sondern Liang wollte Gutes tun: „Ich war mit meiner Familie zu Besuch im Staatstheater in Darmstadt, und da waren Fotografien von einer Malediven-Insel ausgestellt, die völlig vermüllt war. Das hat mich sehr traurig gemacht.“ Und so entstand bei Liang der Wunsch, sich für die Umwelt einzusetzen.

Er liebt den Baumarkt, und der Baumarkt liebt ihn

Doch gehen wir nochmal einen Schritt zurück zu der Zeit, bevor besagter Gießroboter Wirklichkeit wurde. Das Wetter war schön, und Liang brauchte eine neue Wasserpistole. Eine, mit der man so richtig mit Schmackes die große Schwester abschießen kann. In den Laden zu gehen und sich eine zu kaufen, kann ja jeder. Liang dagegen hat sich seine Wasser-Spritze „mit richtig Druck drauf“ selbst gebaut. Es brauchte einzig einen Wassertank, einen Drucktank, eine Pumpe und diverse Schläuche. Er liebt den Baumarkt, und der Baumarkt liebt ihn. Papa oder Opa sind dabei begeisterte Begleiter, aber am entspanntesten ist es doch mit der Mama, gibt Liangs Vater Stephan Künzler zu: „Meine Frau macht das sehr viel pädagogischer als ich. Sie lässt ihn einfach selbst machen und alles ausprobieren.“

Mit Erfolg. Die eigens gebaute Spritzpistole war der Startschuss für Liangs Überlegungen zum Gießroboter. Und aus einem umgebauten Fußballroboter von Fischertechnik wurde schließlich ein Gerät zum Bewässern von Pflanzen. Dieser Prototyp ist ausgestattet mit einer kleinen Kamera, Sensoren, Rädern, einem elektronischen Feuchtigkeitsmessgerät und einem Gießrohr. Der Roboter fährt also zu der jeweiligen Pflanze hin, es wird die Feuchtigkeit in der Erde rund um die Wurzel gemessen und dann diese punktgenau gegossen. Das bedeutet, dass auch in trockenen Gebieten Nutzpflanzen gedeihen können, und dass niemals mehr Wasser verbraucht wird als nötig, schließlich droht in vielen Gegenden der Welt eine Wasserknappheit, und das wiederum kann zu großen Ernteausfällen und Hungersnöten führen.

„Die Idee war, dass man beim Gießen weniger Wasser verbraucht“, erklärt Liang. „Denn sonst müsste man ganz viele Wasserschläuche aus Plastik unter den Pflanzen anbringen. Das wäre einmal nicht gut, wegen des vielen Kunststoffs, und man kann auch die Wassermenge damit nicht so gut kontrollieren.“

Diese Erfindung fand die Jury von „Schüler experimentieren“ so beeindruckend, dass Liang nicht nur den ersten Platz des Regionalwettbewerbs gewann, sondern auch noch zusätzlich den Sonderpreis „Umwelttechnik“. Nun ist er schon ziemlich aufgeregt, denn Anfang April (vor Redaktionsschluss) geht es zum Landeswettbewerb.

Wer aber denkt, der 9-jährige ruht sich bis dahin auf seinen Lorbeeren aus, hat weit gefehlt. Liang sitzt bereits an den nächsten Ideen. Er zeichnet schon an weiteren Entwürfen, baut aus Pappe Getränkeautomaten oder sägt mit seiner neuen elektrischen Bügelsäge im heimischen Wohnzimmer. So manches parkettliebende Elternteil würde die Augen angstvoll verschließen, aber Liangs Eltern sind da sehr entspannt: „Im Wohnzimmer sieht es bei uns häufig aus wie in einem Werkzeugladen“, gesteht Stephan Künzler „Aber das ist doch viel besser, als wenn man diese Basteleien in den Keller verbannt und die Kinder damit allein lässt.“

Liang hat schließlich unzählige Impulse für das heimische Wohnzimmer, das zugleich als Testlabor dient: „Eine Idee ist Strom mit Zucker zu erzeugen. Zucker brennt ja. Und da dachte ich, ich könnte doch einen Zuckerreaktor bauen.“ Außerdem dürfen sich Liangs Eltern auch schon auf die nächste Herausforderung freuen: Ihr Sohn hat nämlich zu seinem Geburtstag ein heiß ersehntes Schweißgerät geschenkt bekommen mit dazugehörigem Schweißkurs. Vermutlich wird dieses Hobby nicht in der Wohnstube neben dem guten Holztisch erlaubt sein, aber Liangs Eltern werden schon ein geeignetes Plätzchen finden.

Doch Schweißgerät und Elektrosäge hin oder her, am meisten begeistert ist Liang vom Weltraum, und kann es kaum erwarten, wenn Sachunterricht in der weiterführenden Schule endlich von Physik und Chemie abgelöst wird. „Ich will aber kein Astronaut werden, sondern ich bin vor allem fasziniert von Raketentechnik“, begeistert sich der 9-jährige. Der Raketenforscher in spe hat auch schon Ideen, wie die Luft- und Raumfahrt der Zukunft aussehen könnte und woran er selbst gern mitforschen möchte: „Vielleicht könnte man ja irgendwann mal eine andere Art Energie entwickeln, mit der man umweltfreundlicher richtig hochfliegen kann.“

Bedarf ist sicher da, nachdem Musk, Bezos und Co. schonmal kleinere Spritztouren ins All gemacht haben. Und auch ein simpler Flug nach Mallorca würde sich schließlich gleich viel besser anfühlen, wäre er klimaneutral. In Liangs Kopf rotieren jedenfalls reichlich Gedanken um umweltfreundliche Raketentechnologie, und Wasserstoff kommt ganz sicher darin vor.

Einen richtig schlauen Kopf hat der Junge, und der sitzt zudem auch noch auf einem fitten Körper. Liang ist nämlich ebenfalls eine Sportskanone und sehr erfolgreich im Rennkajakfahren. Das eine oder andere Elternteil mit einem auf dem Sofa chillenden oder ständig zockenden Teenager, könnte in Versuchung geraten, ein wenig Neid zu empfinden, aber als Trost sei gesagt: Von Liangs umweltfreundlichen Erfindungen können wir vermutlich über kurz oder lang alle profitieren.